Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Torsten Brandt, Johann Christian Lobe (1797-1881). Studien zur Biographie und musikschriftstellerischem Werk (= Abhandlungen zur Musikgeschichte 11), Göttingen 2002, S. 51 (teilweise)

Verehrter Herr Kapellmeister,

So eben ersehe ich für ganz gewiß, daß der seitherige Kapellmeister am Braunschweiger Theater, Methfessel, in Kurzem seine Stelle verlassen werde, der er durchaus nicht gewachsen seyn soll. Daß ich nicht zweiter Flötist in Weimar zu bleiben wünschen kann, eine Stellung, die mir nementlich auch mit durch ein von meiner Seite wahrlich ganz unverschuldetes unfreundliches Verhältnis zu Hummel auf vielfache unbequeme ja entsetzliche Weise störend in mein Streben greift, ist wohl natürlich, nur bin ich so kühn zu glauben, daß es mir an Methfessels Stelle nicht so gehen sollte, wie es ihm, den Erzählungen vieler nach, ergehen soll. Sie sehen, wie ich nicht ohne große Freude hörte, mit dem dortigen Intendanten, dem Herrn von Münchhausen in freundschaftlichen, intimen Verhältnissen, und so wäre eine Empfehlung von Ihnen wohl das Wichtigste und Hoffnungserregenste, was mir der Glaube unter solchen Umständen bieten könnte. Werden Sie zürnen, wenn ich Sie in der Erinnerung an die ehrende und freundliche Aufnahme die ich bei Ihnen gefunden1, und ich nie vergessen werde, ergebenst frage, ob Sie mir wohl das Opfer bringen, und mich dem Herrn von Münchhausen als geeignet zu jener Stelle vorschlagen wollen? – Ich habe freilich noch wenig Gelegenheit gehabt, mich als Dirigent auszubilden, doch aber viel beobachtet, und daß dies nicht ganz ohne Nutzen geschehen, kann Leipzig beweisen, wo ich vorigen Sommer meine Oper dreimal dirigirte und von der Kapelle die unzweideutigsten Beweise erhielt, daß sie mit meiner Leitung zufreiden gewesen ist.2 Was sonst noch für Eigenschaften zu einer solchen Stelle gehöre, habe ich sie noch nicht, so werde ich sie mir erwerben, durch Fleiß und Beobachtung, und ich glaube Ihnen das Wort geben zu dürfen, daß ich Ihrer Empfehlung weder als Mensch noch Künstler Schande machen will. Indem ich Sie herzlich bitte, meine Freiheit mit dem gewiß verzeihlichen Wunsche zu entschuldigen, mit eine meinen Kräften angemessenen Stellung in der Welt zu erzeigen, bin ich in Hoffnung auf gütige Gewährung meine Bitte im Voraus dankbarlichst

Ihr Ihnen mit innigster Achtung und Verehrung
ergebener
J.C. Lobe

Weimar d. 10 Februar 1835.

Autor(en): Lobe, Johann Christian
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Hummel, Johann Nepomuk
Methfessel, Albert
Münchhausen, August von
Erwähnte Kompositionen: Lobe, Johann Christian : Die Prinzessin von Grenada
Erwähnte Orte: Weimar
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Weimar>
Hoftheater <Braunschweig>
Stadttheater <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1835021044

Spohr



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Lobe an Spohr, bis 24.03.1834.

[1] Am 20.08.1834 dirigierte Spohr die Kasseler Erstaufführung von Lobes Oper Die Prinzessin von Grenada (vgl. Brandt, S. 48).

[2] Vgl. ebd., S. 49.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (09.06.2021).