Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Wohlgeborner Herr
Hochgeehrtester Herr Doktor,

Subrosa1 erlaube ich mir im Vertrauen zu Ihrer Gefälligkeit folgende Anfrage in Betreff meines Sohnes, August, welcher Ihren lehrreichen Unterricht im Violinspielen genießt. In Hinsicht auf Moralität werden Sie ihm, insofern er von Ihnen beobachtet werden kann, ein gutes Zeugniß geben, denn ich selbst habe rücksichtlich dieses Punkts eine gute Meinung an ihm, weil er in Braunschweig sich stets gut betragen hat. Sollte jedoch etwas Tadelhaftes zu Ihrer Kenntniß gekommen sein, so bitte ich davon mir gefälligst Mittheilung zu machen. Die wichtigeren Anfragen die ich2 mir aber erlaube, bezieht sich auf meines Sohnes Fleiß und Qualifikation zum Geigenspiele. Setzten Sie mich gefälligst darüber in Kenntniß, ob er mit Fleiß sein Studium fortsetzt und wie Sie ihn taxiren, wenn ich die Frage an Sie richte: Wird er ein grlündlicher und vorzüglicher Künstler und besonders ein guter und gelehrter3 Violinspieler werden können, oder halten Sie dafür, daß er sich nicht sehr emporschwingen werde?? – Talent und Kraft besitzt er zwar(?) auch, es kömmt nur darauf an, ob er diese Vorzüge zu seinem Vortheile benutzt in Folge des ihm zu Theil werdenden Unterrichts. Da Sie meinen August seit mehreren Monaten beobachtet haben, so werden Sie sich genügend gegen mich über ihn aussprechen können, und ich schmeichele mir, daß Sie meinen Wunsch gern erfüllen werden. Indem Ihnen und Ihrer lieben Familie ich meine Gattinn und mich bestens empfehle, verbleibe ich mit Hochachtung

Ew. Wohlgeboren
gehorsamster Diener.
CramerBr.4

Brschw. d 9t Nov.
34.

Autor(en): Cramer, August Heinrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Cramer, August
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1834110940

Spohr



Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1]sub rosa, l. cig unter der Rose (als Bild der Vertraulichkeit, d. h. im Vertrauen, insgeheim)“ (Friedrich Erdmann Petri, Gedrängtes Deutschungs-Wörtebuch der unsre Schrift- und Umgangs-Sprache, selten oder öfter entstellenden fremden Ausdrücke, zu deren Verstehn und Vermeiden, 3. Aufl., Dresden 1817, S. 442).

[2] „ich“ über der Zeile eingefügt.

[3] „und gelehrter“ über der Zeile eingefügt.

[4] „Br.“ ist vermutlich eine Abk. f. „Braunschweig“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.02.2022).