Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Wohlgeborener Herr Kapellmeister!

Ich hoffe nicht das Sie es ungünstig aufnehmen werden, wenn Ihre Aufmerksamkeit für einige Augenblicke in Anspruch nehme; Es geschied aus der Absicht, um Ihnen die Versicherung zu geben, (daß wenn ich auch selten zum Schreiben komme) ich deswegen doch sehr oft und wohl täglich meines verehrten Lehrers und Wohlthäters gedenke.
Es wird Ihnen vielleicht lieb sein zu hören daß unser erstes Musikfest sehr glücklich abgelaufen, und daß die letzten Dinge ganz vorzüglich gefallen haben.1
Der König und die Prinzen von Oranjen, haben die größten Beweise Ihres Beifalls gegeben, und die ganze Versammlung konnte sich nicht zurück halten um ihre Begeisterung laut werden zu lassen.
Werden wir demnächst bald einmal wieder ein ähnliches Werk aus Ihrer Meisterhand hervor gehen sehen? – Denn so schön das Vaterunser ist – so würde man doch nicht gut einen ganzen Abend damit ausfüllen können; für die Händelsches Sachen ist dieses Land wohl noch nicht beachert; man muß um die Menschen für das Ernste und Bessere zu stimmen, nicht gleich solche lange Oratorien wählen, Wir fangen daher lieber damit an, Ihre, Mozart, Haydns und Beethoven's Meisterwerke zu Produciren. Wir wollen hoffen, daß für die nächste Zukunft jetzt ein guter Grund gelegt ist, wenn uns Amsterdam keine Querstriche macht, bin ich nicht bange dafür; aber diese Menschen machen solche außerordentlichen Ansprüche, und wenn diese nicht gehuldigt werden, so ist nichts damit anzufangen, so etwas ist immer sehr lästig auf die Dauer.
Meine Frau und ich lassen hier in Utrecht recht viele deutsche Musik singen; mit den Streichinstrumenten folgt man hier leider sehr gerne die französische Weise, dieses ist ihnen bequemer – leider auch nur ein sehr oberflächliches Original. Hier im Hause wird Ihre treffliche Violinschule, (womit Sie der Welt ein wahres Geschenk gemacht haben) viel durch meinen Bruder geübt. Uns geht es hier im Lande recht wohl, man muß freilich recht viel hier Arbeiten; dann kann aber auch ein sorgenfreien Bestehn haben. Die deutschen Künstler werden in diesem Augenblick hier nicht sonderlich annimirt; die Nationsliebe ist so groß, daß man mit Rechnung anderer fast nichts mehr will gelten lassen, als was von Holländern ausgeht. Ich habe meinen Aufenthalt hauptsächlich hier gewählt, weil ich für meine jüngeren Geschwister hier wirksammer sein kann.
Leben Sie recht wohl hochverehrter Herr Kapellmeister der Himmel erhalte Sie noch recht lange für Unsere Kunstwelt. Empfehlen Sie uns Ihrer verehrten Frau Gemahlin, und nehmen Sie die Versicherung meiner fortwährenden Verehrung und Dankbarkeit.

Ihr ganz ergebenster Schüler
J.H. Kufferath

Utrecht den 20sten October 1834.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kufferath an Spohr, 26.11.1826. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kufferath an Spohr, 17.05.1839.

[1] In Den Haag (vgl. „‘s Gravenhage, den 8 October“, in: Leeuwarder courant 13.10.1834, nicht paginiert; „‘s Gravenhage, den 8 October“, in: Middelburgsche courant 21.10.1834, nicht paginiert).

Kommentar und Verschlagwortung, sofern in den Anmerkungen nicht anders vermerkt: Wolfram Boder (31.10.2019).