Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Berlin den 20 August 1834.
 
Verehrtester Herr Kapellmeister
 
Beehrt mit Ihrer geschätzten Zuschrift vom 14 d. bedaure ich recht sehr von der mir darin angezeigten Composition vor der Hand in so fern, keinen Gebrauch machen zu können indem ich kürzlich drey ähnliche freylich nicht so werthvolle wie die Ew. Wohlgeborne erkaufte wovon auch eines bereits erschienen ist1, so wie auch ich schon seit einiger Zeit um den Nachlaß des verstorbenen Bernhard Klein correspondiere2 und ihn sogleich honorire, dies erschöpft meine Casse nun freylich sehr und habe überhaupt als junger Anfänger so bedeutende Ausgaben, daß ich gegewärtig ein Honorar von 6 Friedrichsdor nicht übersteigen darf.
Ew. Wohlgeboren würden mich daher sehr erfreuen wenn Sie die Güte hätten mir etwa ein Galantriestück für Pianoforte womöglich nicht so schwer à 2 mains mit welchen ich vielleicht ¼ jährlich damit fortfahren könnte, und so durch Ihre werthvollen Compositionen das musikalische Publicum auf mein errichtetes Musikverlag-Geschäft aufmerksam machte.
Es wird Ihnen geehrtester Herr Kapellmeister hinlänglich bekannt seyn wie schwer es den Anfänger im Musikhandel gemacht wird sich nur einigermaßen bekannt zu machen, und kann blos durch den Schutz eines so geachteten Künstlers eine Geschäftsverbindung mit großen Häusern anzukünfen. Nehmen Sie geehrtester Herr mich in Ihren gütigen Schutz und lassen mir eine der oben erwähnten Art Ihrer Compositionen zukommen wo ich Ihnen das Honorar sogleich einsende, so bin ich der Einführung in die Musikalische Verlagswelt versichert und werde mich stets zu den innigsten Danke für Ihre gütige Protection verpflichtet halten.
Da ich Noten und Kupferstecher bin werde ich auch das Aeußere durch einen scharfen correkten Stich und Druck gewiß geschmackvoll vorzulegen bemüht sein und erlaube mir durch beyfolgende Piecen Ew. Wohlgeb. einen kleinen Beweiß zu geben.
Ew. Wohlgeb. haben zwar jetzt die Composition eines großen Oratoriums begonnen und dürfte meine Bitte ewas anmaßend sein, auch wage ich mich Ihrer zügigen Entschuldigung versichernd haltend die ergebene Bitte zu wiederholen, mir wenn es Ihnen nur irgend möglich ist, etwas wie vorstehend zu kommen zu lassen, um meinem Geschäft eine weitere Ausdehnung & Anerkennung zu geben.
Ich empfehle mich Ihrem schätzbaren Wohlwollen angelegentlich und zeichne mit Hochachtung mich
 
Ew. Wohlgeboren
ganz ergebener
Moritz Westphal

Autor(en): Westphal, Moritz
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Klein, Bernhard
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Spohr, Louis : Lieder, Ten 1 2 Bass 1 2, op. 90
Truhn, Friedrich Hieronymus : Hohenzollern lebe hoch!, Ten 1 2 Bass 1 2
Truhn, Friedrich Hieronymus : Lieder, Ten 1 2 Bass 1 2, op. 9
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1834082056

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Westphal, 14.08.1834.
 
[1] Von den zu dieser Zeit komponierten aber noch nicht an Verlage verkauften Kompositionen kommen vermutlich nur die im Herbst 1833 komponierten Lieder für Männerstimmen op. 90 infrage (vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 31.10.1833), die erst 1838 erschienen. Westphal hatte bis September bereits publiziert „Hohenzollern lebe hoch! Lied zum 5. Aug. für 4 Männerstimmen“ von Friedrich Hieronymus Truhn und kündige an „XII Vocalquartette für vier Männerstimmen“ von Truhn („Anzeigen von Verlags-Eigenthum“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 36 (1834), Intelligenzblatt Sp. 35f., hier Sp. 36).
 
[2] Vgl. Ad[olph] Hofmeister, Handbuch der musikalischen Literatur oder allgemeines systematisch geordnetes Verzeichniss gedruckter Musikalien, auch musikalischer Schriften und Abbildungen mit Anzeige der Verleger und Preise, 3. Ergänzungsband, Leipzig 1839, S. 208, 216 und 357.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (28.02.2020).