Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochgeehrtester Herr Doctor, und Cappellmeister,
Theuerster Freund!

Überbringer dieses, Herr Albert aus Hannover, war eine kurze Zeit hiesiger Gesellschaft Mittglied; wo wir das Vergnügen hatten, drey vorzügliche Leistungen von ihm zu sehn. Nehmlich 1lich Jagomirr1, 2tens Ferdinand in Qabale2. 3tens Mannaße in Bechsteins neuesten Drama.3 Da nun die hiesigen Verhaltniße nicht seinen Anfoderungen gnügen; so hat er seine Verbindlichkeit gelößt. Sein Wunsch ist, in Caßel Gastrollen zu geben, und wenn er der Direction, und den Publicum gefällt, daselbst Anstellung zu finden. Sie würden ihre Güte keinen Unwürdigen zuwenden; wenn Sie ihm mit Rath und That bestens unterstüzten, welches er als Landsmann, als wirklich guter Mensch, und braver Künstler werth ist. Da ihn bekannte edele Gesinnung, meiner Bitte Fürsprecherin ist; so darf ich nur das Wort, Hoffnung hinzufühgen.4
Von meiner Seite, den herzlichsten Dank für Ihr letztes wunder schönes Doppelquartett; gewiß kann ich versichern, daß ihre drey Doppq., das Nonet, und Octett die Lieblinge unsers edlen Fürsten sind. Jede Cabinetsmusic legt dafür das sicherste Zeugniß ab. Auch ihre letzten schönen Quartetten habe ich kürzlich gehört. Das Doppelconcert ist noch nicht angekommen, wir erwarten es mit großer Ungeduld.
Ihre große, vortrefliche gediegene Violinschule hat mein Wilhelm bereits durchgeübt, außer den beyden darin enthaltenen Concerten.
Gernn hätte ich zu den letzten zehn Variationen mein Quartett Begleitung, –. –. –. mag aber doch nicht durch anderes Machwerk, mich gegen den großen Meister versündigen. Diese Variat. sind dasHerlichste u. Gediehgenste, waß in diesen Gengre5 mir je vorgekommen ist. Schön gespielt, müßen sie als Concertstück einen wundervollen Efect hervorbrigen6.
Alle, in der Schule enthaltenen Übungen, sind sehr zweckmäßig und lehreich, daß jeder geübte Spieler das Seine noch darin findet. Damit Sie sich überzeugen daß ich Noten und Text sorgfältig studiert habe; so will ich bey einer nochmahlichen Auslage, Ihnen auch etwas aufmerksahm machen. In der Beschreibung der Geige u. deren Theile7, haben Sie die zwölf [???]ffe, oben und unten an den Zargen im Inneren übersehn. Es ist um so mehr zu ergänzen, weil dieses die Schachtelwahre, von einer gut und richtig gearbeiteten, und mit Fleiß gemachten Geige unterscheidet. Abschnitt ↑.
Absch. 8.8 Haben Sie, die verwirrende Generalbaßlehre, von Ton und Interval als gleichbedeutent beybehalten; indem Sie sagen, eine Octave besteht aus zwey Ganzen u. einen Halben, drey Ganzen, und einen Halben Ton; wo bleibt dan nun die Prime oder Tonicka. 2tens Unter Ton gedenken wr uns einen Klang der als Schreibzeichen auf den Notenplan, seine bestimte feste Stelle einnimmt. 3tens ist es selbst gegen die angenommenen Generalbaß Bezeichnung. Von o ist n, die Tertz, u. z.(?) aber keineswegs, wie nach, der Invervalle Lehre der zweyte ganze Ton in der Octave. Solte ich hirin irren; so bitte ich um Verzeihung, und bitte um Belehrung. Das Theater wird Sie wieder sehr beschäftigt haben, doch bald wird nun wieder einige Ruhe für Sie eintreten, da die Ferien sich immer mehr nähern.
Ihrer lieben guten Frau Gemahlin u. Familie, läßt meine Schwester sich auf’s Herzlichste empfehlen, so auch ich.
Mit den herzlichsten Wunsch für ihr Wohlbefinden, verharret Hochachtungsvoll

Ihr
aufrichtiger Freund
W. Bärwolf

Meiningen den 3ten Febr.
1834.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bärwolf an Spohr, 28.12.1822. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bärwolf an Spohr, 03.04.1834.

[1] Vermutlich Jaromir, Rolle in: Franz Grillparzer, Die Ahnfrau. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen, 2. Aufl., Prag und Wien 1819.

[2] Sic! Rolle in Friedrich Schillers Kabale und Liebe.

[3] Ludwig Bechstein, Des Hasses und der Liebe Kämpfe, 1835.

[4] Hier am Seitenende: „Votti subito.“

[5] Sic!

[6] Sic!

[7] Louis Spohr, Violinschule, Wien 1833, S. 8.

[8] Ebd., S. 54.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.07.2020).