Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Hochwohlgeboren
Herrn Hofkapellmeister Dr. L. Spohr
Ritter des goldnen Löwen-Ordens
in
Cassel.

franco.


Hochverehrtester Herr!

Ihre gewogene Antwort auf meine Bitte erhielt ich so eben. Recht herzlich danke ich Ihnen dafür und noch mehr für Ihre große Güte und Zutraun welches Sie mir schenken; daß ich mit tausend Freuden die sicherste und erste Gelegenheit ergreife um in den Besitz dieses Riesenwerkes zu gelangen befiehlt mir schon die große Verehrung welche ich für das Werk hege, wenn Sie daher so gewogen sein wollen gegen die pflichtschuldigen Copialien mir dasselbe zu überlassen, so bereiten Sie mir eine unendliche Freude. Mein Orchester zählt 35 Individuen, mein Singverein über 80, und das Großherzogl. Seminar über 50 Mitglieder. Unter diesen Umständen hoffe ich auf eine vollständige nur hängt das Weitere von meinem Fleiße und meiner Sorgfalt ab, auch eine möglichst gute Aufführung der Oper zu bewerkstelligen.
Gegenwärtig bin ich mit dem Einstudiren Ihrer Es Dur Symphonie beschäftigt. Ich schrieb mir eine vollständige Partitur dazu da ich solche nicht in Leipzig haben konnte und hoffe, da ich das Werk nun in seinem innersten Schachte so viel es meine Kenntnisse zulassen, beschaut habe, eine recht gute Aufführung zu Wege zu bringen. Ich darf Ihnen sagen daß die bis daher gehaltenen Proben der Symphonie1 von den meisten Mitgliedern der Capelle unter lauter und sprechender Freude von Statten gingen. Ich schäme mich fast Ihnen zu sagen was ich dabei empfunden habe, sie möchten es für Schmeichelei halten; aber das Herz in Liebe hüpfte mir dabei. Diese Kraft, diese Fülle der Gedanken und diese klare, analoge Entwickelung eines jeden Gedanken, diese lieblichen Melodien, die seltsame Instrumentirung und die wahrhaft poetische Modulation müssen einen Stein rühren und ergreifen. Sagen Sie mir nur unter welchem Himmelsstrich Sie dieses Werk componirten? Meine Träumereien von Italien wollen bei Aufführung dieses Werks sich realisiren. Tausend mal habe ich schon bei Aufführung desselben nach Ihnen gesehnt um Ihnen meinen glühenden Dank und Freude an den Tag zu legen, großer Meister!!! ich setze meinen Stolz darein sie so gut als ich nur vermag auszuführen. Das nächste Abonnement Concert findet erst in 14 Tagen statt und bis dahin gedenke ich sie noch 8 bis 10 Mal durchzunehmen. Beethoven und Mozart sie sind ja anerkannt große Namen und ihre Werke haben mich oft aufs höchste begeistert; aber hierbei erkenne ich, daß mehr denn ein Weg zum Himmel führt. ich gedenke nach diesem Werke Ihre sämmtlichen Symphonien aufzuführen.
Unter Bezeugung meiner tiefsten Verehrung und Dankbarkeit zeichne ich mich Ihren treusten
und ergebensten Jünger

August Pott.

Oldenburg
d 2t Dec. 1833.

Franzen hat mich gebeten ihn Ihrem geneigten Andenken zu empfehlen; er theilt meine Freude und meine Gesinnungen gegen Sie.
d Ob.

Sollte es möglich sein daß Sie mir auch Abschrift der Partitur zu „die Weihe der Töne mit der Oper zusenden könnten, so würden Sie mich sehr beglücken.

Autor(en): Pott, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Franzen, Carl
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Sinfonien, op. 78
Spohr, Louis : Die Weihe der Töne
Spohr, Louis : Zemire und Azor
Erwähnte Orte: Leipzig
Oldenburg
Erwähnte Institutionen: Gesangverein <Oldenburg>
Hofkapelle <Oldenburg>
Lehrerseminar <Oldenburg>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833120237

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Pott, 29.11.1833. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Pott an Spohr, 02.02.1834, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Spohr an Pott erschließen lässt.

[1] „der Symphonie“ über Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (09.10.2017).