Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochwohlgeborner Herr,
sehr geehrter Herr Musik-Direktor!

Dem hohen musikalischen Standpunkte, auf dem Euer Hochwohlgeboren so meisterhaft stehen war und ist Mancher so glücklich unter Ihrer umsichtigen, gütigen Führung sich zu nähern. Möchte doch auch ich nicht vergebens um eine solche Begünstigung bitten.
In meinem ersten Jahre habe ich einen unvollkommenen Violin-Unterricht genossen, und übte ich wegen Mangel, theils eines zu Stelle vorhanden guten Lehrers, theils an Gelegenheit die Vollkommenheiten des Violin-Spielens wahrzunehmen, dieses Instrument ehrend und weiterer Beschäftigungen – sehr wenig. Zufall brachte mir die französische Violin-Schule nebst Supplementen in die Hände. ich übte sonach, jedoch ohne ein praktisches Vorbild, und konnte ich dieses meiner unzulänglichen Vermögenslage wegen nur wünschen. Jetzt aber bin ich durch einen Geldvorschuß für einige Zeit in den Stand gesetzt, mir den Unterricht eines umsichtigen Lehrers erbitten zu können. Nicht allein Ihr Ruf, aber auch die von Ihnen herausgegebene Violin-Schule, der ich schon Vieles verdanke, lassen mich Sie als den vortrefflichsten Lehrer erkennen. Doch sah ich mich aber durch die in gedruckter Schule gemachte Bemerkung, daß Sie nur vorgebildete Schüler zu unterrichten Gelegenheit gehabt, genöthigt, um eine vergebliche Reise nach Cassel meine Vermögensumstände nicht nutzlos zu schwächen, zuvor hier bei H. Hub. Ries Stunden zu nehmen. Schon diesen Studen verdanke ich eine Verbesserung meines Spielens. Ist dieß aber für mich eine große Freunde; so wird sie um so größter, je näher ich mich dem Ziele glaube, Ihres Unterrichtes gewürdigt zu werden.
Euer Hochwohlgeboren wollen mir daher die gehorsamste Bitte, mir eine Stunde wöchentlich gefälligst geben zu wollen, nicht versagen, und bitte ich dagegen die Versicherung gütigst anzunehmen, daß ich streben will durch Fleiß Ihrer Bemühungen werth zu werden.
Der Erhörung meiner gehorsamsten Bitte erwartungsvoll entgegensehend, erlaube ich mir dringend um gefällige Beschleunigung der Antwort zu bitten, und zeichne mich mit größter Hochachtung als:
Euer Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster
E. Bork
aus Johannesburg, Provinz
Ostpreußen.

Berlin, Lindenstarße No 91,
unten rechts,
d 26sten October 1833.

Autor(en): Bork, E.
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Ries, Hubert
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833102640

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrerspondenz ist Bork an Spohr, 15.05.1836.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.02.2022).