Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,152
Druck: Horst Heussner, Die Symphonien Ludwig Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anh. S. 34 (teilweise)

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Frankfurt a/m


Cassel den 10ten Octob.
1833

Geliebter Freund,

Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihre Bemühungen hinsichtlich des Alchymisten. Es erlaubt jedoch weder meine Ehre, noch meine Stellung in der Künstlerwelt, daß ich das Werk auf die angedeutete Weise einsende. Will die dortige Direction mir die Zusicherung geben, daß die Oper sogleich ausgeschrieben, vertheilt und baldmöglichst in Scene gesezt werden soll, so will ich die Partitur einschicken; außerdem verzichte ich. Ich ärgere mich ohnedies, daß ich aus Vorliebe für diese Arbeit so weit gegangen bin. – Ihnen fühle ich mich, wie schon gesagt, nur zu Dank verpflichtet.
Unser Theater soll, da die Landstände noch eine Bewilligung für dasselbe gemacht haben, nun auch in Eile und zwar am 1sten November eröffnet werden.1 Bis jezt bezweifle ich aber noch, daß ich ein Opernpersonal bis dahin zusammenbringen werde. Der einzige Sänger, den ich bereits contractlich eingagirt habe, ist Sesselmann in Carlsruhe, den Sie mir, wenn ich nicht irre, früher empfohlen haben. Auf Mad. Pirscher reflektiren wir nicht; der Mann iszt eine gar zu unbedeutende Zugabe. – Können Sie mir aber vieleicht etwas näheres von dem Talent einer Demoiselle Stein in Darmstadt, die mir von ihrem Lehrer Markwort warm herausgestrichen wird2, melden, so werden Sie mich sehr verbinden.
Meine ohnlängst bey Simrock gestochenen doppelchörigen Psalmen sind seit meiner Zurückkunft von beyden hiesigen Gesangvereinen mit Genauigkeit eingeübt worden und sollen am Cäcilientage aufgeführt werden. Vor ein paar Tagen traten die Vereine in einer Probe derselben zum erstenmal zusammen und ich hörte sie nun erst mit einer genügend[en] Besetzung. Die Wirkung überraschte mich und ich hatte einmal wieder die für mich seltene Freude, die über meine Erwartung zu finden, Leider ist der Simrock’sche Verlag nicht sorgfältig corrigiert3; auch in dem Doppelqu[artett gi]ebt es Stichfehler die Menge.4 [In d]er Folge werde ich die letzte C[orrektu]r selbst besorgen.5 – Die 6 vierstimmigen Gesänge sind fertig und bereits einmal von uns durchgesungen. Sobald ich sie mehrmals gehört habe, werde ich sie Ihnen zusenden.
Die herzlichsten Grüße von uns allen an die lieben Ihrigen.
Mit herzlicher Freundschaft stets ganz

der Ihrige
Louis Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 03.10.1833. Speyer beantwortete diesen Brief am 25.10.1833.

[1] Vgl. Reinhard Lebe, Ein deutsches Hoftheater in Romantik und Biedermeier. Die Kasseler Bühne zur Zeit Feiges und Spohrs (= Kasseler Quellen und Studien 2), Kassel 1964, S. 165f.

[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[3] Vgl. Spohr an den Musikverlag Simrock, 14.08.1833

[4] Vgl. Spohr an den Musikverlag Simrock, 24.08.1833

[5] Vgl. Spohr an den Musikverlag Simrock, 13.09.1833

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.03.2016).

Kassel, den 10. 10. 33

Unser Theater soll, da die Landstände noch eine Bewilligung für dasselbe gemacht haben, nun auch in Eile und zwar am 1. 11. eröffnet werden. Bis jezt bezweifle ich aber noch, daß ich ein Opernpersonal bis dahin zusammenbringen werde ...