Autograf: letzter Nachweis siehe Inhaltsangabe
Druck: Karl Brethauer, „Unbekannte Briefe von Louis Spohr (1833/1834), in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 80 (1969), S. 263-270, hier S. 264f.
Inhaltsangabe: 70. Auktion: 18. und 19. November 1968. Bücher, Autographen. Schiffsmodelle, dekorative Graphik, Hamburgensien (= Katalog Dörling 70), Hamburg 1968, S. 91

Marienbad.
 
Sr. Hochwürden
dem Herrn Domprediger Augustin
in
Halberstadt.
 
franco
Gränze.
 
 
Marienbad den 2ten August 1833
 
Hochverehrtester Herr Domprediger,
 
Obgleich die Badediät ein völliges Nichtsthun vorschreibt und nicht die kleinste geistige Thätigkeit gestatten will, so hätte ich Ihnen doch schon längst schreiben sollen; nun liegt aber gar Ihr freundliches Schreiben nach Cassel (welches die Kinder1 mir nebst andern zugeschickt haben) vor mir und mahnt mich ernst, endlich meiner Pflicht nachzukommen. Empfangen Sie daher zuerst unsern herzinnigen Dank für die liebevolle Aufnahme in Ihrem gastfreien Hause und die vielen frohen Stunden, die wir bey Ihnen und in Ihrer Gesellschaft verlebt haben!2 Mögte uns doch recht bald die Freude zu Theil werden, Ihnen in unserer Behausung zu Cassel gleiche Sorgfalt und Aufmerksamkeit widmen zu dürfen!
Wir sind mit dem bisherigen Erfolg der Badekur sehr zufrieden, obgleich sie vom Wetter wenig begünstigt war. Meine Frau in‘s besondere fühlt sich durch den Gebrauch des Wassers wie neu belebt und ihre daraus entspringende, stets gleiche Heiterkeit läßt auch mich die Langweiligkeit des hiesigen Aufenthalts, so wie den ewig grauen Himmel mir mehr Gleichmuth ertragen. Zum Glück haben wir hier die Brüder Bohrer getroffen, mit denen ich fleißig Quartettmusik mache. Auch der Kapellmeister Schneider ist seit 14 Tagen hier und trägt durch seine heitere Laune (die ich früher nicht bey ihm gekannt habe) zur Annehmlichkeit unseres Aufenthalts bey. Er theilte mir ein Schreiben Ihres Herrn Sohnes3 mit, welches mich in höchstem Grade interessiert hat, da es den Beweis liefert, daß dieser, von den Mühseligkeiten des eben gegebenen Musikfestes noch erschöpft, schon wieder darüber nachdenkt und die zweckmäßigsten Maaßregeln vorschlägt, wie der Eifer für künftige Feste neu belebt und die sich denselben entgegenstemmenden Hindernisse am sichersten beseitigt werden können. Mögte es ihm doch gelingen, seinen Feuereifer für Kunst recht vielen andern mitzutheilen!
Meine Frau und Tochter bitten mit mir, uns den lieben Ihrigen auf das Angelegentlichste zu empfehlen. Mit innigstegefühlter Hochachtung und Ergebenheit ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Augustin, Christian Friedrich Bernhard
Erwähnte Personen: Augustin, Luther
Bohrer, Anton
Bohrer, Max
Schneider, Friedrich
Spohr, Dorette
Wolff, Ida
Zahn, Emilie
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Halberstadt
Marienbad
Erwähnte Institutionen: Elbe-Musikfeste <wechselnde Orte>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833080217

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Christian Friedrich Bernhard Augustin an Spohr, 03.07.1833. Luther Augustin beantwortete diesen Brief am 22.09.1833.

[1] Die Töchter Emilie Zahn und Ida Wolff.
 
[2] Zu Spohrs Aufenthalt beim Musikfest in Halberstadt vgl. „Das sechste Elb-Musikfest, gefeyert zu Halberstadt am 19ten, 20sten und 21sten Juny“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 35 (1833), Sp. 496ff.; „Halberstadt, Musikfest am 19., 20. und 21. Juni“, in: Iris im Gebiete der Tonkunst 4 (1833), S. 107f.; Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 160f., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 196f.
 
[3] Luther Augustin.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (27.04.2018).