Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.2 <18330716>
Beleg: Autographen. Historische Autographen, literarische Autographen, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler, Stammbücher. Versteigerung am 20., 21. und 22. Oktober 1926 (= Katalog Liepmannssohn 48), Berlin 1926, S. 174f.

Breslau d. 16. July 33.
 
Wohlgeborner
Hochgeehrtester Herr!
 
So unangenehm mir es ist, Sie nach einer 3-wöchentlichen Trennung schon wieder zu belästigen, so liegt diesmal die Schuld wirklich nicht an mir. Es besuchte mich nämlich in voriger Woche unser Opern-Regisseur Mejo. Derselbe hatte sich um die hiesige Theater-Direktion beworben, und wünscht nun, da Haake dieselbe erhalten hat, Breslau zu verlassen, obgleich er sich hier gut steht; er bat mich daher sehr um Empfehlung an Sie, und obgleich ich ihm vorstellte, daß Sie mit dergleichen Gesuchen nur zu oft behelligt würden, und meine Empfehlung ihm gar nichts nützen würde, so mußte ich es ihm dennoch vorsprechen, und sage Ihnen hiermit soviel, als ich verantworten kann.0 Mejo ist 34 Jahre alt, ein hübscher, ordentlicher ganz solider Mann, und als Opern-Regisseur (welchem Fache er schon seit 14 Jahren vorsteht) ganz vortrefflich. Dabei ist er ein guter Komiker, singt kleinere Parthien in Operetten ganz charmant, so wie seine Frau ältere Rollen sehr gut spielt. Mejo ist ein gebildeter Musiker und als Mensch hochzuachten; er hat in der Zeit seines Hierseins ein hübsches Vermögen gesammelt, obgleich er eine ziemlich starke Familie hat. Im Falle Sie aber noch keinen Opern-Regisseur für Ihr Theater engagirt haben, kann ich Ihnen Herrn Mejo mit gutem Gewissen empfehlen. Mir geht es im d........en1 Lande ganz gut, wir treffen hier schon große Anstalten zum Musikfeste, welches während der Anwesenheit der Naturforscher im Sept. hier stattfinden soll.2 Mein Psalm ist vollendet, jetzt arbeite ich an einem Pianoforte-Konzerte. In unseren Zeitungen liest man viel von Kassel. Herr Eggena soll mit einem Deputirten im König von Preußen zu Cassel gewaltigen Skandal gehabt haben.3 Wann wird das freie Land einmal ruhig werden? Wenn Sie bei Gelegenheit einmal meiner gütigst mit einer Zuschrift gedenken wollen, so wird es mich ganz außerordentlich freuen. Ihrer lieben Frau Gemahlin, sowie Fräulein Thereschen bitte ich, mich herzlichst zu empfehlen, ich aber bin mit großer Verehrung
 
Ihr ganz
ergebenster
Adolph Hesse.
 
Auf unserem Theater gastirt der Regisseur Anschütz nebst Frau aus Wien, mit großem Beifall.

Autor(en): Hesse, Adolph
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Anschütz, Heinrich
Eggena, Karl Michael
Haake, August
Mejo, Franz
Mejo-Straub, Rosa
Spohr, Dorette
Spohr, Therese
Erwähnte Kompositionen: Hesse, Adolph : Konzerte, Kl Orch, [e-moll]
Hesse, Adolph : Psalmen
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833071631

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hesse an Spohr, 14.05.1833. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hesse an Spohr, 02.10.1833.

[0] [Ergänzung 04.02.2022:] Mejo hatte zuvor bereits Franz Nass um eine Empfehlung an Spohr gebeten (Nass an Spohr, 23.05.1833.
 
[1] In dieser Schreibung in der Vorlage.
 
[2] Vgl. Hesse an Spohr, 02.10.1833.
 
[3] Vorfall noch nicht ermittelt. Mit dem „König von Preußen” ist hier offensichtlich das gleichnamige Hotel in Kassel gemeint.
 
Kommentar und Verschlagwortung, sofern in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.12.2014).