Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Geehrter Herr und Freund!

Schon früher würde ich Ihnen geschrieben haben, wenn über den Stand der Theaterangelegenheiten irgend etwas mitzutheilen gewesen wäre1; allein bis jetzt aben wir von Tag zu Tag vergebens auf eine endliche Entscheidung gehofft, und die ganze Sache ist, seit Ihrer Abreise, auch nicht um einen Schritt weiter gediehen.
Vor ohngefähr 14 Tagen hat Hofrath Vogel mit dem Kurprinz gesprochen und ist auch darauf gekommen, die Theater-Verhältnisse in Erinnerung zu bringen, worauf Sr. Hoheit erwiedert haben, daß erst ein Tenorist engagirt sein müsse, bevor ein anderweitiges Engagement abgeschloßen sei.
Von Hoppe haben wir bis jetzt vergebens auf einen Antrag gewartet, und dies bringt mich fast auf die Vermuthung, daß er vielleicht gar nicht mehr in Stettin sein könnte.
Dlle Lenz hat geantwortet und für das erste Jahr einen Gehalt von 1500 Rth und 3monatlichen Urlaub, und für das zweite Jahr 1800 Rth verlangt; für eine Anfängerin finde ich das ziemlich viel. Sonst sind keine Anträge von Bedeutung eingegangen.
Die Fischer hat in ihren Gastdarstellungen sehr gefallen, und einige recht gute Einnahmen bewirkt.
Daß Bethmann einen reinen Gewinn von 3000 rth, den er erworben, auch hier ganz ehrlos abgegangen und Rosner, mit Hinterlassung mehrer Schulden, bei Nacht und Nebel davon gegangen, darüber werden Sie bei Ihrer Zurückkunft das Nähere umständlich erfahren.
Ihrer geehrten Gattin sagen Sie meine freundliche Grüße und daß ich ihr den besten Erfolg von ihrer Badekur wünsche.2
Mit freundschaftlicher Hochachtung

Ihr
Feige

Cassel, den 12ten Juli 33.

Autor(en): Feige, Karl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Bethmann, Heinrich
Fischer-Achten, Caroline
Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Hoppe, Eduard
Lenz, Bertha
Rosner, Franz
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833071243

Spohr



Dieser Brief ist wie Wilhelm Vogel an Spohr, 13.07.1833 eine Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Karl Feige und Wilhelm Vogel, 22.06.1833. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Feige, 11.11.1836.

[1] 1832 löste der gerade eingesetzte Prinz-Regent und spätere Kurfürst Friedrich Wilhelm das Hoftheater auf (Reinhard Lebe, Ein deutsches Hoftheater in Romantik und Biedermeier. Die Kasseler Bühne zur Zeit Feiges und Spohrs (= Kasseler Quellen und Studien 2), Kassel 1964, S. 151-156). März bis Juli 1833 war der im Folgenden noch erwähnte Heinrich Bethmann mit seiner Theatertruppe engagiert, das Kasseler Hoftheater zu bespielen (ebd., S. 163ff.). Dieser Brief beschreibt die (erfolgreichen) Bemühungen, das Hofhteater wieder zu etablieren (vgl. ebd., S. 165f.).

[2] Zum Marienbad-Aufenthalt vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, Bd. 2, Tutzing 1968, S. 161f., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 198.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (09.09.2021).