Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,150

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Frankfurt a/m


Cassel den 9ten Juni
1833

Geliebter Freund,

Den herzlichsten Dank für Ihre gütigen Besorgungen; noch mehr habe ich aber um Entschuldigung zu bitten, daß ich meine Schuld, vom Ries’schen Honorar1 her, nicht früher tilgte. Obgleich im Buche notirt, war sie doch meinem Gedächtnis ganz entfallen.
Die 78 Friedrichsd’or nebst 4 Rthlr. 4 Ggr sind mir von den Gebr. Pfeiffer nach Abzug von 1 Rthlr. 2 Ggr. richtig ausgezahlt worden. Nun hätte ich noch eine Bitte: daß Sie Herrn André gelegentlich einmal erinnerten, mir 1 - 2 Exemplare meiner neuen Quartetten zuzusenden.
Dem. Carl hat mir von Berlin Ihren Brief zugeschickt; sie scheint gar nicht über Cassel gekommen zu seyn.
Nächsten Sonnabend reise ich mit Frau und Tochter zuerst zum Musickfest nach Halberstadt, von dort über Magdeburg, Leipzig, vieleicht auch Dresden nach Marienbad und während meine Frau dort badet, noch weiter nach Prag, vieleicht auch Wien. Für meine Frau hoffe ich viel von Marienbad; vor 2 Jahren fühlte sie sich dort neu belebt. Wären wir nur erst dort!
Meine Concertante hatte ich hier zur rechten Zeit fertig, so daß sie noch ausgeschrieben werden konnte. Wie aber der 2te Pfingsttag heran kam, wurde Wiele plötzlich von der Grippe befallen und da noch mehrere zu dem Concerte unentbehrliche Mitglieder ebenfals krank wurden, so mußten wir unser Concert ganz aufgeben. Ich habe daher meine neue Concertante noch nicht einmal gehört.
Vor der Hand werde ich nun an keine neue Arbeit denken können, bis unser Theater wieder im gange ist. Dann habe ich aber Lust mich einmal an einer komischen Oper zu versuchen, wenn ich ein gutes Buch bekommen kann. Das ist aber eine schwierige Aufgabe! -
An die lieben Ihrigen, die nu[n h]offentlich wieder hergestellt sind [die] herzlichsten Grüße. Mit inniger Freundschaft stets ganz

der Ihrige
Louis Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 01.06.1833. Speyer beantwortete diesen Brief am 01.08.1833.

[1] Vermutlich für die Kasseler Inszenierung von Die Räuberbraut.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.03.2016).