Autograf: Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms.Hass. 287

An den Herrn
Herrn Kapellmeister
Dr. Louis Spohr
Wohlgeboren
zu
Cassel


Hochgeehrtester Herr Kapellmeister!

Ich benutze die gute Gelegenheit, die mir Hesse’s beneidenswerthe Reise zu Ihnen gewährt, um Ihnen für die freundliche Theilnahme, mit der Sie sich zuweilen bei Andern nach mir erkundigt haben meinen herzlichen Dank zu sagen. In diesem Jahre komme ich vor mannichfealtigen Geschäften und Studien nicht dazu selbst einmal Kassel zu besuchen, und mich des Glücks Ihrer persönlichen Bekanntschaft zu erfreuen. Voriges Jahr aber, als ich aus Oberitalien und Oesterreich nach Hause reiste, war ich ebenfalls durch Zeitmangel an einem mir so erfreulichen Umwege verhindert. Daß Sie kräftig für die Kunst, die Ihnen so viel verdankt, fortwirken, haben wir hier aus Ihren letzten Werken, manetlich Ihrer unschätzbaren Violineschule erfahren. Auf Ihre vierte Symphonie1, die im Winter tüchtig vorgenommen werden soll, freut sich schon Alles. – Heute nun komme ich nun noch als Supplikant, und bitte im Voraus gar sehr deshalb um geneigte Entschuldigung. Ich werde nämlich für 1834 ein Taschenbuch für Freunde der Tonkunst: Euterpe, herausgeben, das Mannigfaltiges bringend, Nützliches mit Ergötzlichem paarend, das Dilettantenpublikum vor Augen haben soll.2 Ich habe selbst viel vorgearbeitet, möchte aber gar zu gern nicht blos musikalische Schriftsteller, sondern auch wirkliche schaffende Künstler in der Art zu ihrer Theilnahme daran bewegen daß sie mir etwa kleinere Skizzen aus ihrem Kunstleben, Urtheile etc. dafür mittheilten. Ich gehe an das Unternehmen, auf Vortheil verzichtend, durch warme Kunstliebe geleitet, und möchte um demselben Eingang zu schaffen, da eine künftige Fortsetzung nur von dem Grade der Theilnahme abhängen kann; das Büchlein so mannigfach interessant, als möglich machen.
Hätten Sie nun, mein bester Herr Kapellmeister, vielleicht die große Güte, mir irgend einen kleinen, das Publikum gewiß schon um Ihretwillen interessirenden Aufsatz, etwa eine Skizze aus Ihren früheren schönen Reisen, oder Erläuterungen eines Ihrer Tonwerke, kurz, was Sie wollen, oder zur Hand haben für das Taschenbuch zu senden. Sie würden nicht blos mich unendlich verpflichten, sondern auch die Wahl damit erfreuen, die von großen Künstlern, eigene Mittehilungen so hoch schätzen muß.
Sollten Sie bald etwas fertig haben, so nähme es Hesse mit großer Freude mit; wo nicht, so bitte ich, mir bis Anfang Juli Ihre etwaige freundliche Mittheilung hieher an die C.G. Förstersche Musikhandlung zu senden.
Verzeihen Sie ja meine dreiste Zumuthung, und nehmen Sie die Versicherung, daß ich mich ewig nennen werde

Ew. Wohlgeboren
ganz ergebenster
August Kahlert.

Breslau 4t Mai 1833

 

Autor(en): Kahlert, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Hesse, Adolph
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Violinschule
Spohr, Louis : Die Weihe der Töne
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Förster <Breslau>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833050431

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kahlert, 28.05.1832. Spohr beantwortete diesen Brief am 01.06.1833.

[1] Die Weihe der Töne.

[2] Offensichtlich nie erschienen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.08.2022).