Autograf: zur Zeit des Drucks im Marschner-Nachlass (Käthe Lenz in Hamburg)
Druck: Edgar Istel, „Fünf Briefe Spohrs an Marschner”, in: Festschrift zum 90. Geburtstage Sr. Exzellenz des Wirklichen Geheimen Rates Rochus Freiherrn von Liliencron, Leipzig 1910, S. 110-115, hier S. 112f.

Cassel, den 4. Mai 1833

Geehrter Herr u. Freund,

Dem[oiselle] Heldt habe ich erst in einer Rolle gesehn, (in einem Vaudeville von Angeli „List und Phlegma”) in welcher sie sich als äußerst gewandte Schauspielerin in beiden Verkleidungen als Wirthin und Student zeigte. Ihre Stimme ist ein klingender hoher Sopran, stark und doch in der Höhe leicht ansprechend. Sie sang sehr rein und die Lieder mit dem ihnen gebührenden Ausdruck. Ob ihr Gesangstalent für große Parthien ausreicht, weiß ich zwar nicht, doch darf ich es nach der gegebenen Probe wohl vermuthen. In der nächsten Woche wird sie die Zerline singen.
Mit dem Einstudiren Ihrer Oper habe ich begonnen. Ihre Gesangparthien (die übrigens nicht complett sind) habe ich nicht zu vertheilen gebraucht, da wir sie schon nach dem Klavierauszuge hatten ausschreiben lassen. Da Rosner gefährlich krank ist und warscheinlich vor seinem Abgange nicht wieder singen wird, so habe ich die ihm bestimmte Parthie Herrn Rath geben müssen. Die Parthie des Bracy ist nun in Händen, die es warscheinlich nöthig machen werden, das erste schwere Terzett wegzulassen. Alle Uebrige wird aber gemacht werden, und wie ich hoffe recht gut, da die beyden Hauptparthien besonders in guten Händen sind. Die Musik macht mir viel Freude und ich freue mich sehr auf die Orchesterproben.
Mit aller Hochachtung und Freundschaft ganz

der Ihrige
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Marschner, Heinrich
Erwähnte Personen: Heldt (Sängerin)
Rath (Sänger in Kassel)
Rosner, Franz
Erwähnte Kompositionen: Marschner, Heinrich : Der Templer und die Jüdin
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1833050415

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Marschner an Spohr. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Marschner, 29.10.1833.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.10.2016).