Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms.hist.litt.15[161,5
Druck 1: Horst Heussner, Die Symphonien Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anh. S. 31 (teilweise)
Druck 2: Wolfram Boder, Die Kasseler Opern Louis Spohrs. Musikdramaturgie im sozialen Kontext, Bd. 1, Kassel 2007, S. 60 (teilweise)
Beleg 1: Goethe in den Briefen seiner Zeitgenossen ; Briefe aus dem Weimarer Kreis ; Briefe deutscher Dichter und Schriftsteller ; Musikerautographen aus dem Nachlaß Friedrich Schneiders in Dessau († 1853) und anderem Besitz ; Versteigerung 19. Mai 1913 (= Katalog Henrici 15), Berlin 1913, S. 61
Beleg 2: Autographen von Musikern, darstellenden und bildenden Künstlern (darin eine italienische Sammlung). Versteigerung 20. Oktober 1913 (= Katalog Henrici 17), Berlin 1913, S. 31
Sr. Wohlgeb.
Dem Herrn Kapellmeister
Fr. Schneider.
in
Dessau.
franco.
Cassel den 12ten
May 1832.
Geehrtester Freund,
Durch die Zueignung Ihres Quartetts1 haben Sie mir eine große Freude gemacht, für die ich Ihnen hiermit herzlich danke, Da meine Quartettparthien für diesen2 Winter schon aufgehört haben, so setzte ich für gestern eine Musik bey mir an, um das Werk zu hören. Es hat uns ungemein gefallen; besonders entzückte mich das launigte Scherzo, so wie beym Fugato des letzten Satzes der unerwartete Eintritt des Themas. – Lassen Sie nun ja bald die andern folgen, denn es fehlt an neuen gediegenen Quartetten gar sehr!
Der Herr v. Weber3 empfahl auch mir die Pariser Pauken4 sehr, doch konnte ich nie daran denken, welche zu verschreiben, da wir in unserm Theater 3 Paar Pauken besitzen und die Direktion daher die Anschaffung neuer für sehr überflüssig hält. – In Amsterdam werden sehr vorzügliche Pauken verfertigt, die durch Umdrehen in einem Nu gestimmt werden können.5 Leider weiß ich Ihnen die Adresse des Meisters nicht zu geben; wenn Sie sich aber an den Musikdirektor Klein wenden und auf mich berufen, so wird er Ihnen über alles die genaueste Auskunft geben.
Unser Theater ist seit Ostern ganz geschlossen und es ist noch ungewiß, ob es im Herbst wieder eröffnet werden wird.6 Wir Rescribirten haben jezt gute Tage und können bey dem schönen Frühlingswetter den ganzen Tag spatziren gehen. Nicht so wohl ist es den armen alten Schauspielern,7 Choristen, Tänzern und leider auch 3 Mitgliedern8 der Kapelle, die nicht rescribirt waren und nun plözlich brodlos geworden sind! – Die erstern si[nd in] einer wahrhaft verzweiflungsvoll[en Lage,] die 3 Musiker erhalten wenigstens e[ine] Unterstützung aus unserer Concertkass[e.] Der Himmel gebe, daß es bald anders und besser werde!
Mit herzlicher Freundschaft und innigster Hochachtung stets ganz
der Ihrige
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Schneider, Friedrich |
Erwähnte Personen: | Kleine, Hendrik Christiaan Weber, ? von |
Erwähnte Kompositionen: | Schneider, Friedrich : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 90 |
Erwähnte Orte: | Kassel |
Erwähnte Institutionen: | Hofkapelle <Kassel> Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1832051212 |
Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Schneider an Spohr. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schneider an Spohr, 16.03.1833.
[1] Schneider hatte Spohr sein 1832 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erschienenes Streichquartett op. 90 gewidmet.
[2] Korrigiert aus: „dieses“, gestrichen: „Jahr“.
[3] Sofern diese Empfehlung schriftlich erfolgt sein sollte, ist der entsprechende Brief derzeit verschollen. Zudem ist lässt sich derzeit nicht bestimmen, welcher „Herr v. Weber“ gemeint ist.
[4] Vermutlich die von Henrie(?) Brod entwickelten Pedalpauken (vgl. Ignaz Jeitteles, Aesthetisches Lexikon, Bd. 1, Wien 1839, S. 176).
[5] Johann Christian Niclas Stumpff hatte 1821 in Amsterdam eine umstimmbare Pauke erfunden (vgl. „Amsterdam, Ende April 1821“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 23 (1821), Sp. 406-409, hier Sp. 408; Art. „Pauke“, in: Neues Universal-Lexikon der Tonkunst 3, S. 142-144, hier S. 144).
[6] Nach den Bäckerkrawallen in Kassel im Gefolge der Juli-Revolution in Frankreich hatte Kurhessen nicht nur eine Verfassung erhalten, sondern der Kurfürst Wilhelm II. hatte auch die Regierungsgeschäfte an seinen Sohn, den späteren Kurfürsten Friedrich Wilhelm I., abgegeben. Dieser schloss dann wegen fehlender Finanzen im April 1832 zunächst das Theater (vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 148-157, Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 180-193; Reinhard Lebe, Ein deutsches Hoftheater in Romantik und Biedermeier. Die Kasseler Bühne zur Zeit Feiges und Spohrs (= Kasseler Quellen und Studien 2), Kassel 1964, S. 151-156).
[7] Hier gestrichen: „und“.
[8] Noch nicht ermittelt.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (04.09.2017).