Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.5 <Haslinger 18320420>
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend die Autographen aus dem Nachlaß der Clarinettisten Heinrich und Carl Baermann, München, des Philologen Geheimrat Bernh. Rud. Abeken, Osnabrück († 1866), sowie aus dem Archiv einer bedeutenden Musikalienhandlung. Versteigerung 29. und 30. November 1922 (= Katalog Henrici 80), Berlin 1922, S. 76
Beleg 2: Autographen: 12. und 13. Mai 1930 (= Katalog Stargardt 306), Berlin 1930, S. 60

Sr. Wohlgeb
Herrn Tobias Haslinger
k.k. Hof- und priv. Kunst- und
Musikhändler
in
Wien.
 
frco1
 
 
Cassel den 20sten
Aprill 1832
 
Hochgeehrter Herr und Freund,
 
Ich danke Ihnen herzlichst, daß Sie mir sogleich die Ankunft der Schule angezeigt und mich dadurch aus der Unruhe gerissen haben. Mit heutiger fahrender Post übersende ich nun auch das Portrait2 und wünsche, daß es sich Ihres Beyfalls zu erfreuen haben möge. Man findet es hier allgemein sehr ähnlich und meisterhaft gezeichnet. Da sich eine Bleistiftzeichnung so leicht verwischt, so habe ich, damit sie sicher und unbeschädigt ankomme, ein Kästchen machen lassen und sie auf dem Boden befestigt.
Im vergangenen Winter habe ich drei neue Violinquartetten geschrieben, die ich nun dem Stich zu übergeben gedenke. Zuerst frage ich, bey der neu begründeten Verbindung mit Ihrer Handlung, bey Ihnen an, ob Sie geneigt sind, sie in Verlag zu nehmen; doch bitte ich, es mir unverhohlen zu melden, wenn Ihnen dieser Verlagsartikel vieleicht unbequem oder überhaupt nicht wünschenswerth seyn sollte, da ich von mehreren Seiten sehr um Manuscripte gedrängt werde und daher gleich einen Verleger für ihn finden werde. Zugleich mache ich Ihnen bekannt, daß ich bey Instrumentalkompositionen, wenn die Gattung schon unter meinen frühern Sachen erschienen ist, einen festen Preis als Honorar bestimmt habe, den mein letzter Verleger H. Schlesinger3 auch schon ein oder einige mal bezahlt hat und von welchem ich nicht abgehe. Dieser ist für drei Violinquartette 80 Friedrichsd’or oder deren Werth, zahlbar nach Empfang des Manuscripts.
Mit Herrn C.F. Peters (Böhme) in Leipzig habe ich eine unangenehme Correspondenz gehabt.4 Er glaubte bey der langjährigen Verbindung, in der ich mit seinem Vorgänger gestanden habe, ein näheres Recht an die Schule zu haben wie Sie und machte mir heftige Vorwürfe, daß ich mich nach Auflösung meines Geschäftsverhältnisses mit Hrn. Schlesinger nicht zuerst an ihn gewandt hätte! Meine Entschuldigung, daß Ihre Handlung noch viel früher wie die seinige eine Violinschule bey mir bestellt habe, wollte er nicht gelten lassen. Um ihn zu besänftigen, bot ich ihm die Quartetten zum Verlag; er erklärte mir aber ganz trocken: da [er meine] Schule nicht erhalten habe, wolle [er nun] auch gar nichts mit mir zu thun ha[ben].5
Eine bald gefälligen Antwort entgegen sehend mit vorzüglicher Hochachtung und herzlicher Freundschaft stets ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Haslinger
Haslinger, Tobias
Erwähnte Personen: Böhme, Carl Gotthelf Siegmund
Schlesinger, Carl
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 84
Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Peters <Leipzig>
Schlesinger <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1832042022

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Haslinger an Spohr. Haslinger beantwortete diesen Brief am 14.05.1832.
 
[1] [Ergänzung 07.02.2022: Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „CASSEL / 20 APR“, auf der Rückseite des gefalteten Briefumschlags der Stempel „WIEN / 26 APR“.] Links neben dem Adressfeld befinden sich Empfangs- und Antwortvermerk des Verlags: „Spohr in Cassel / 20 Apr. 1832. / erhalten _ 27 Apr. / beantw. _ 14 May“.
 
[2] Die Zeichnung führte Justus Krauskopf aus (vgl. Herfried Homburg, „Bildnisse Louis Spohrs. Eine vorläufige Bestandsaufnahme“, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Kempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 209-230, hier S. 215).
 
[3] „H. Schlesinger“ über der Zeile eingefügt.
 
[4] Vgl. Spohr an Peters, 23.03.1832 und 29.03.1832.
 
[5] Dieser Brief vom 27.03.1832 ist derzeit verschollen.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (30.03.2017).