Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 220f.

Cassel den 29sten
März 1832.


Wohlgeborner Herr,

Ich könnte, nach Ihrer geehrten Antwort vom 27sten dieses, die Angelegenheit nun wohl, als abgethan, auf sich beruhen lassen, da ich Ihnen wahrlich die Quartetten nur in der Meinung zum Verlag antrug, es werde Ihnen damit ein Gefalle geschehen und nicht, weil ich um einen Abnehmer verlegen bin, da sich außer Herrn Haslinger, der allerdings mir den Wunsch ausgesprochen hat, von nun an alle meine Kompositionen zu verlegen, noch mehrere andere Verleger um Manuscripte von mir bewerben; allein meine Ehre verlangt, daß ich einig[e] Unrichtigkeiten in Ihrem Briefe berichtige.
Ich habe Ihnen nicht die Schule zugesagt, sondern nur das, daß ich Ihnen die Vollendung derselben m[el]den und dann mit Ihnen in Unterhandlungen treten wolle. Bey m[ei]ner damaligen Absicht, sie dem zu geben, welcher mir das beste Gebo[t] thun würde, antwortete ich auf diese Weise jedem, der darum schrieb. –
Herr Haslinger hatte aber in der That ältere Ansprüche, indem er mich bald nach Übernehme der Steinerschen Handlung bat, das, seinem Vorgäng[er] gegebene Versprechen auf ihn zu übertra[gen.]1 Daß ich nun wirklich an einer Schule arbeite, kann er wohl erst in Leipzig erfahren haben, denn ich hatte gar keine Veranlassung, vor Vollendung des Werks, es ihm zu melden. Eine andere, mich drückende Verpflichtung hatte2 er mir, ohne mein Zuthun auferlegt, daß er mir seit einer langen Reihe von Jahren alle seine bedeutenden Verlagswerke, worunter Partituren, theoretische Werke, Schulen, Kupferstiche u.s.w. waren, jede Ostermesse zum Geschenk schickte.3 Ich konnte daher, wie meine Verbindung mit Herrn Schlesinger gelöst war, nicht anders, als die Schule Herrn Haslinger zuerst anzutragen. – Dies zu meiner Rechtfertigung.
Mit vorzüglicher Hochachtung

Ew. Wohlgeb.
ergebenster
Louis Spohr

NS. Was das Versprechen von Etüden betrifft4 war dies längst dadurch aufgehoben, daß Herr Peters sich weigerte, eins meiner Werke zu verlegen und mich dadurch zwang, mit einem andern Verleger in Verbindung zu treten. – Auch die Ansicht muß ich bestreiten, daß ich Ihrer Handlung eine Verpflichtung habe, weil sie eine große Anzahl meiner Werke verlegt hat; aus diesem Umstande geht im Gegentheil eine Verpflichtung gegen mich hervor, da sie alle diese Werke für ein sehr billiges Honorar erhalten hat.5

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Böhme, Carl Gotthelf Siegmund
Peters
Erwähnte Personen: Haslinger, Tobias
Peters, Carl Friedrich
Steiner, Siegmund Anton
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 84
Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1832032920

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief von Böhme an Spohr, 27.03.1832.
Durch den Streit über die Violinschule bricht die Korrespondenz zwischen Spohr und Böhme bzw. dem Musikverlag Peters für einige Jahre ab. Sie beginnt wieder im November 1840, als der Verlag die Bestellung eines Musikvereins für Aufführungsmaterial zur Oper Jessonda an Spohr weitergibt.

[1] Vgl. Tobias Haslinger an Spohr, 01.11.1826.

[2] Hier gestrichen: „ich“.

[3] Vgl. z.B. Spohr an Haslinger, 05.08.1829.

[4] Vgl. Ferdinand Spohr an Christian Friedrich Erdmann Leede (Musikverlag Peters), 07.08.1827.

[5] Auf der letzten Seite des Briefs befindet sich von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „Cassel d. 29 März 1832. / Spohr / empf d. 31t Do“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (20.03.2017).