Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.5 <Haslinger 18320217>
Druck 1: Autographen von Musikern, Schriftstellern, Gelehrten, Naturforschern, bildenden Künstlern, Schauspielern und historischen Persönlichkeiten (= Katalog Liepmannssohn 60), Berlin 1930, S. 44 (teilweise)
Druck 2: Autographen von Musikern, Schriftstellern, Gelehrten, bildenden Künstlern, Schauspielern, historischen Persönlichkeiten und Naturforschern (= Katalog Liepmannssohn 63), Berlin 1932, S. 26f. (teilweise)

Cassel den 17ten
Febr. 1832.
 
Hochgeehrter Herr und Freund,
 
Ihr geehrtes Schreiben vom 6ten dieses habe ich erst vorgestern erhalten. Um so mehr beeile ich mich, es zu beantworten und Ihnen die Einlagen zurückzusenden.
Zum ersten Artikel des Contracts habe ich einige Zeilen hinzugefügt, die ohne Zweifel Ihre Zustimmung erhalten werden. Im übrigen bin ich ganz mit dessen Inhalt einverstanden und sehe nun der Ausfertigung desselben entgegen.
Was aber die Ankündigung betrifft so scheint sie mir, so sehr man auch bey Buchhändler-Anzeigen an Posaunenton gewöhnt ist, doch etwas stark und obgleich ich sie nicht zu verantworten habe, so mögte ich doch meinen, daß es zur Empfehlung des Werks hinlänglich wäre, wenn man nach Darlegung des Inhalts und der Eigenthümlichkeit desselben, etwa noch bemerkte, daß von einem Geiger, der eine eigene Schule gestiftet und so viele Schüler (weit über 100.) gezogen hat, wohl ein Werk zu erwarten sey, was die ganze Kunst des Violinspiels vom ersten Anfang bis zur feinsten Ausbildung umfaßt. - Sollten Sie aber der Meinung seyn, daß eine Anpreisung wie die Ihrige unerläßlich sey, so bitte ich nur, daß vor dem Satz „dem Verleger ist es erhebend” der Strich wegbleibe, weil es sonst das Ansehen haben könnte, als hätte der Verfasser bis zu diesem Abschnitt geredet. - Jedenfalls mögte ich Ihnen rathen, die Anzeige noch einer Revision zu unterwerfen, so bald Sie die Schule werden erhalten und durchgesehen haben.
Das, in die 3te Abtheilung aufgenommene Concert ist das 9te, bey André in Offenbach erschienene. Es scheint mir unnöthig, die Zustimmung des Verlegers einzuholen 1.) weil von der Prinzipalstimme nur die Soli, ohne die Tutti, benuzt sind, und 2.) weil es ihm nur Vortheil bringen kann, daß das Concert in die Schule aufgenommen ist, weil jeder Schüler, der es nach Anweisung derselben einstudirt hat und nun öffentlich vortragen will, ein Exemplar mit der Orchesterbegleitung wird anschaffen müssen. - Übrigens war es bey der Lehre vom Vortrag durchaus erforderlich, daß bekannte, bereits gestochene Sachen gewählt wurden. -
Aus Ihrem vorletzten1 geehrten Schreiben, so wie aus der Ankündigung der Schule ersehe ich, daß Sie derselben ein Portrait beygeben wollen. Wird dadurch das Werk auch nicht zu sehr vertheuert werden? Die meisten Käufer werden Künstler seyn und diese können in der Regel nicht viel aufwenden. Bey einer Pianoforte-Schule ist es ein anderes, da bestehen die Käufer größtentheils in Dilettanten. Doch Sie werden am besten wissen, was in Ihrem Interesse ist. - Gern würde ich Ihnen übrigens, Ihrem Wunsche gemäß, eine Zeichnung oder ein Bild von mir einsenden, wenn ich nur2 ein ähnliches besäße; aber von 4 Bildern, die bisher im Stich oder lithografirt erschienen sind, ist keins gelungen zu nennen. Nun haben wir zwar hier einen ausgezeichneten Künstler3, von dem sich eine ähnlich und werthvoll ausgeführte Zeichnung erwarten ließe; sie würde aber mindestens 3 - 4 Friedrichsd’or kosten und es ist daher die Frage, ob Sie für einen, leicht entbehrlichen Schmuck der Ausgabe, so viel verwenden wollen?
Sollten Sie auf Ihrem Vorsatz beharren und eine Zeichnung hier anfertigen lassen wollen, so wäre zu bestimmen, wie groß sie seyn muß und in welcher Manier. Was Sie zur Erlangung von Privilegien unternehmen werden, heiß ich im Voraus gut und werde es gern nach Kräften unterstützen. Kann unser unser Bundestagsgesandter Herr Geheimrat Ries4, den ich persönlich sehr gut kenne, die Sache befördern, so wird er es auf meine Bitte sehr gern thun.
Die letzte Correktur der Schule werde ich gern und um so lieber übernehmen, da bey der Finger- und Bogenbezeichnung die höchste Correktheit ganz unerläßlich ist.
Indem ich nun in Vorstehendem alle Ihre gefälligen Anfragen glaube beantwortet zu haben, unterzeichne ich mit vorzüglicher Hochachtung und herzlicher Freundschaft ganz
der Ihrige
Louis Spohr.5

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Haslinger
Haslinger, Tobias
Erwähnte Personen: Krauskopf, Justus
Ries von Scheurnschloß, Franz Hugo
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 55
Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: André <Offenbach>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1832021722

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Haslinger an Spohr, 06.02.1832. Haslingers Antwortbrief vom 01.03.1832 ist derzeit verschollen.
 
[1] „vor-“ über der Zeile eingefügt. Der vorletzte Brief ist Haslinger an Spohr, 04.01.1832.
 
[2] „nur“ über der Zeile eingefügt.
 
[3] Die Zeichnung führte Justus Krauskopf aus (vgl. Herfried Homburg, „Bildnisse Louis Spohrs. Eine vorläufige Bestandsaufnahme“, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Kempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 209-230, hier S. 215).
 
[4] Franz Hugo Ries von Scheurnschloß (vgl. Kurhessisches Staats- und Adress-Handbuch auf das Jahr 1833, Kassel [1833], S. 99).
 
[5] Auf der Rückseite des letzten Blatts befinden sich Empfangs- und Antwortvermerk des Verlags: „Spohr in Cassel / 17 Febr. 1832. / erhalten _ 1 Merz / beantw. _ 1 " “.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (29.03.2017).