Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Wohlgeborner Herr Kapellmeister

Ich habe mir alle erdenkliche Mühe gegeben jemand zu bekomen, welcher sich für mich verbürgte.1 Aber leider war alles umsonst, und seid gestern habe ich für meine Familie, von Herr Schäfer keine Nahrung und kein Feuer bekommen, und wenn ich biss morgen niemand habe welcher sich für den Rest meiner Rechnung von 36 Thaler verbürgt, der bezahlt, so muß ich daß eüserte2 hoffen. Deshalb beschwöre ich Sie nochmals lassen Sie eine Familie nicht sinken und retten Sie zwei unschuldige Kinder welche doch nichts dafür können. Ich werde Ihnen den Betrag sollte ich Ihr auf den bestimmten Termin nicht entrichten können, ganz gewiss mitt dem grösten Dank abstatten, und dan bleibt meine Familie hir welche ich nicht eher holen werde als biss ich ein Brod habe als den werde ich mitt dem grösten Dank meine Schuld abtragen. Nur für den Augenblick retten Sie meine Familie vom Abgrund.3 Ich habe noch so viel damitt ich meine Reiße4 antreten kann, und meine Familie auf zwei oder 3 Monathe versorgt wird und ich hoffe da ich mir schmeicheln darf etwas gelernt zu haben, unter dieser Zeit ein Brod zu haben. Meine einzige Stütze und Hoffnung sind Sie allein, sollten Sie sich zurückziehen, alsdan muß Gott helfen denn auf Menschliche Hilfe alsdan noch zu hoffen wäre fruchtlos indem ich hir ganz fremd bin. Es bittet Sie nochmals ein ganze Familie um Hilfe und indem ich mein ganzes verthrauen5 auf Ihr gutes Herz setze verbleibe ich mitt Tiefer Hochachtung und sehr mitt ungedult einer meinem Wunsche entsprechnte Antwort entgegen

ergebenster Diener
P. Faubel

Kassel d 23ten Februar
1830

Autor(en): Faubel, Philipp
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Schäfer (Kassel)
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1830022943

Spohr



[1] Offensichtlich scheiterte der Versuch des Frankfurter Klarinettisten, in Kassel seinen Durchbruch als Sänger zu erzwingen (vgl. „Chronik des Hoftheaters und der Concerte zu Cassel 1830“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 32 (1830), Sp: 187-192, hier Sp. 187).

[2] Sic!

[3] Vermutlich organisierte Spohr das Benefizkonzert am 04.02.1830 zugunsten der Familie Faubel (ebd., Sp. 192).

[4] Offensichtlich war zumindest sein Auftritt in München erfolgreich (vgl. „Concert der Tonkünstlerin Leopoldine Blahetka. Im Odeon-Saale, am 30. Oktober“, in: Bazar für München und Bayern (1830), S. 533ff., hier S. 534). Anschließend erhielt er eine Anstellung in Den Haag (vgl. Erich Staab, „Faubel (Familie)“, in: Musik und Musiker am Mittelrhein 2 | Online, hrsg. v. Axel Beer, Mainz 2018ff.). Dort wirkte er jedoch nicht nur als Klarinettist, sondern trat auch noch als Sänger auf (vgl. z.B. das Program zu „Salle de Dilligentia. Premier concert qui aura lieu mercredi 14 décembre“, in: Journal de La Haye 14.12.1831, nicht paginiert).

[5] Sic!

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.02.2023).