Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.1 <18300225>
Beleg: Autographen. Historische Autographen, literarische Autographen, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler, Stammbücher. Versteigerung am 20., 21. und 22. Oktober 1926 (= Katalog Liepmannssohn 48), Berlin 1926, S. 174f.

Cassel den 25sten Febr.
1830
 
Wohlgeborner,
Hochgeehrtester Herr,
 
Mein Dank für Ihre letzte freundliche Zuschrift, so wie für die Sinfonie, kommt wieder sehr spät und ich habe abermals deshalb um Entschuldigung bitten. Doch hoffe ich, Sie werden, bekannt mit der Geschäftslast, die mir aufgebürdet ist, meine Säumigkeit im Antworten gütigst entschuldigen und mir deshalb Ihre Mittheilungen nicht entziehen wollen. Ihre Sinfonie habe ich bisher noch nicht aufführen können, da die letzten Abonnementsconcerte so plötzlich angesetzt werden mußten, daß keine Vorprobe von Sinfonien stattfinden konnte. So wie ich sie gehört habe, werde ich Ihnen, Ihrem Wunsche gemäß, mein aufrichtiges Urtheil schreiben.
Nun habe ich Sie um eine Gefälligkeit zu bitten. Wir haben einem Tenoristen in Petersburg, Herrn Riehm1, von dem wir viel gutes hören, Anträge zu Gastspiel und Engagement gemacht; auf 2 Briefe aber keine Antwort erhalten. Da es nun bey den schlechten Wegen der letzten Zeit und dem, dadurch gestörten Postenlauf wahrscheinlich ist, daß diese Briefe nicht angekommen sind, wenigstens nicht früh genug vor der Abreise des Herrn Riehm von Petersburg, so schreibe ich noch ein 3tes mal und bitte Sie, da Herr Riehm, wie wir hören, Anfang März in Breslau zu Gastrollen erwartet wird, ihm den einliegenden Brief2, sobald Sie von seiner Ankunft hören, selbst gefälligst übergeben zu wollen. Zugleich könnten Sie Herrn Riehm ein wenig von Cassel und unserer Oper erzählen, um ihm Lust zu machen, unsere Anträge, vieleicht anderweitigen vorzuziehen, denn wir haben die Absicht, ihn an Wild’s Stelle, der den 1sten September abgeht, zu engagiren.3 Sollten Sie Gelegenheit finden, Herrn Riehm zu hören, so bitte ich sehr, mir über Stimme, Gesangmethode, Figur und Spiel einige Nachricht zukommen zu lassen, da die Sache von großer Wichtigkeit für unser Theater ist.
Die dortigen Freunde bitte ich herzlichst zu grüßen.
Mit wahrer Freundschaft stets
 
der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Hesse, Adolph
Erwähnte Personen: Riehm, Ferdinand
Wild, Franz
Erwähnte Kompositionen: Hesse, Adolph : Sinfonien, op. 20
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1830022501

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Hesse an Spohr. Hesses Antwortbrief ist derzeit ebenfalls verschollen.
 
[1] Vermutlich Ferdinand Riehm (vgl. Lied und Liedidee im Ostseeraum zwischen 1750 und 1900, hrsg. v. Ekkehard Ochs, Peter Tenhaef und Walter Werbeck, Frankfurt a.M. u.a. 2002, S. 293).
 
[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[3] Wilds Nachfolger wurde stattdessen Franz Rosner (Reinhard Lebe, Ein deutsches Hoftheater in Romantik und Biedermeier. Die Kasseler Bühne zur Zeit Feiges und Spohrs (= Kasseler Quellen und Studien 2), Kassel 1964, S. 104).
 
Kommentar und Verschlagwortung, sofern in den Anmerkungen nicht anders vermerkt: Karl Traugott Goldbach (05.12.2014).