Autograf: Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 2° Ms. mus. 1500[Sp. 75,18
Druck 1: Herfried Homburg, „Louis Spohrs erste Aufführung der Matthäus-Passion in Kassel. Ein Beitrag zur Geschichte der Bachbewegung im 19. Jahrhundert“, in: Musik und Kirche (1958), S. 49-60, hier S. 53 (teilweise)
Druck 2: Dorothy Moulton Mayer, The Forgotten Master. The Life & Times of Louis Spohr, London 1959, S. 194 (teilweise, engl. Übers.)
Inhaltsangabe: Autographen. Auktion 28. November 1950 in Stuttgart (= Katalog Stargardt 492), Eutin und Stuttgart 1950, S. 37

Cassel den 26sten Sept.
1829.
 
Wohlgeborner Herr,
 
Beyliegend übersende ich Ihnen die Liste der hiesigen Subscribenten auf die Bachsche Passionsmusik.1 Ich selbst besitze bereits eine Abschrift der Partitur, die mich freilich mehr wie 12 Rth. kostet!2
Da ich bey Herausgabe meines Oratoriums3 denjenigen Vereinen, die eine größere Anzahl von Clavierauszügen nahmen eine Abschrift der Partitur für die Copialgebühren überließ, so ist Ihr Vorschlag, das Vater Unser betreffend für mich nicht ausführbar und ich muß bey meiner Forderung beharren und sehe nun Ihrer gefälligen Erklärung entgegen, ob Sie sie annehmbar finden oder nicht.
Paganini war hier, besuchte mich und versprach in 4 - 5 Wochen zurückzukehren um dann Concert zu geben. Er trug mir auf dies vorläufig durch die Zeitung bekannt zu machen. Ob er nun Wort hält, wird sich binnen Kurzem zeigen. In Frankfurt4, Mainz und Darmstadt5 hat er große Sensation erregt, so daß ich immer gespannter werde, ihn zu hören.
Nach6 einem Briefe7 aus Berlin, den ich gestern erhielt, ist es mit der Aufführung des Faust noch in weitem Felde. Sehr leid ist es mir, daß Bader darin nicht beschäftigt ist; dieß muß der Oper sehr nachtheilig seyn!
Werden denn die neuen Sachen8 von mir nicht bald erscheinen? Jezt wo die Quartettparthien wieder beginnen, wäre es an der Zeit, daß die Quartetten versandt würden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
 
Ihr
ergebenster
Louis Spohr.



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Schlesinger an Spohr, 27.04.1829. Schlesingers Antwortbrief ist derzeit nur als längeres Zitat in einem Brief von Dorette Spohr an Louis Spohr überliefert.
Der Auktionskatalog gibt als Empfänger dieses Briefs „Kühnel in Leipzig“ an, der zu diesem Zeitpunkt freilich schon tot war. Die gleiche Zuschreibung für diesen Brief findet sich auch in Alan Kendall, Paganini. A biography, London 1982, S. 71.
 
[1] Vgl. Johann Sebstian Bach, Große Passionsmusik nach dem Evangelium Matthaei, Berlin 1830
 
[2] In seinem Brief an Wilhelm Speyer, 20.09.1827 versucht Spohr diese bei Johann Nepomuk Schelble in Frankfurt am Main beauftragte Abschrift noch abzubestellen.
 
[3] Die letzten Dinge.
 
[4] Vgl. Julius Max Schottky, Paganini‘s Leben und Treiben als Künstler und Mensch mit unpartheiischer Berücksichtigung der Meinungen seiner Anhänger und Gegner, Prag 1830, S. 189-193; Carl Guhr, „Vorrede zu Kapellmeister Guhrs Schule des Paganinischen Violinspiels“, in: Caecilia 11 (1829), S. 87-94.
 
[5] Vgl. Georg Sebastian Thomas, Die Großherzogliche Kapelle, deren Personalbestand und Wirken unter Ludwig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein. Als ein Beitrag zu seiner Lebensgeschichte und zur Geschichte der Kunstentwicklung Darmstadts, 2. Aufl., Darmstadt 1859, S. 109f.
 
[6] Hier gestrichen: „der”.
 
[7] Noch nicht ermittelt.
 
[8] Concertino für Violine und Orchester op. 79, Potpourri für Klarinette und Orchester op. 80, Fantasie und Variationen für Klarinette und Streichquartett op. 81, Streichquartette op. 82.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.08.2018).