Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Coburg d 1 Juni
Verehrtester Herr Kapellmeister!
Nur um Ihnen meinen aufrichtigen Dank für Ihr gütiges Wohlwollen, welches ich aus dem Schreiben1, das Ew Wohlgeboren an meinen verehrten Freund und Lehrer, H. Aloys Schmitt gerichtet haben, ersehe, abzustatten, und um Ihnen selbst zu versichern, daß ich mich sehr glücklich schätzen würde, bei der curfürstlichen Hofbühne einige Gastrollen geben zu können, nehme ich mir die Freiheit, diese Zeilen an Ew Wohlgeb zu richten. Nicht allein die Ehre, auf der Casseler Hofbühne zu Gastrollen zu gelangen, sondern auch vorzüglich das Glück, in Ew Wohlgeb mit einem Manne wenigstens in einige Berühung zu kommen, den ich schon seit Jahren aus seinen Werken kenne und tief verehren lernte, würde mir den Aufenthalt in Cassel zu den schönsten Tagen meines Lebens machen. –
Ich stehe zwar hier noch in festem Engagement, doch sind meine Verhältnisse keineswegs von der Art, daß eine längere Dauer derselben mir erwünscht sein könnte, da meine Beschäftigung unter meinen Kräften steht. Deßhalb würde ich auch nicht den geringsten Anstand nehmen, wenn mir die Gewißheit eines GastSpiels auf der curfürstl. Hofbühne würde, im Falle mir das Gesuch um Urlaub abgeschlagen würde, meine hiesigen Verpflichtungen aufzugeben.
Obschon ich theils durch den Ruf, theils durch eine Ueberzeugung weiß, welchen hohen Rang im Gebinde der Kunst die Casseler Hofbühne behauptet, so bin ich doch überzeugt, daß ich durch meine Leistungen ihr keine Unehre machen machen2 würde. Indem ich einer gütigen Antwort entgegensehe
verbleibe ich
mit der ausgezeichznetesten Hochachtung
Ew Wohlgeboren
ergebenster
CLKaibel Cobg. Hofsänger
Autor(en): | Kaibel, Carl L. |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Schmitt, Aloys |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | Hoftheater <Coburg> Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1829060145 |
Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kaibel an Spohr, 13.06.1834.
Da Kaibel im Briefdatum das Entstehungsjahr nicht angibt, ist hier das einzige Jahr 1829 angesetzt, zu dem er nachweislich in Coburg angestellt war (vgl. [Franz von Weiß], Das Herzogl. S. Hoftheater zu Coburg-Gotha. Am 1. Juni 1877, dem Tag des 50jährigen Bestehens, [Coburg 1877], S. 109). Kaibel könnte freilich auch länger in Coburg gewesen sein und seinen Brief im oder einem Folgejahr geschrieben haben. Aus dem von Kaibel erwähnten Brief von Spohr an Aloys Schmitt (vgl. Anm. 1) lässt sich das Datum ebenfalls nicht stützen, da in der Korrespondenz zwischen Spohr und Schmitt derzeit zwischen 1828 und 1833 eine Lücke besteht. Für 1829 könnte sprechen, dass das Kasseler Theater im Juni 1829 tatsächlich einen Bass suchte (vgl. Spohr an Carl Gollmick, 04.06.1829), wohingegen 1830 eine Vakanz im Mai/Juni vermutlich bereits beseitigt war (vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 13.04. und 05.07.1830).
[1] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
[2] Wortdopplung im Autograf.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.10.2022).