Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,126

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m


Cassel den 28sten
Febr. 29.

Geliebter Freund,

Haben Sie doch den einliegenden Wechsel einzukassiren und das Geld, bis wir uns sehen, oder bis sich Gelegenheit darbietet, es mir kostenfrei zu übermachen, gütigst zu verwahren. Ihre Auslagen für den Metronom nehmen Sie gefälligst davon. Da ich nicht weiß, wie der Wechsel auf gut kaufmännisch auf Sie gestellt werden muß, so schreibe ich auf die Rückseite meinen Namen; fügen Sie gefälligst das Übrige hinzu.
Sie haben schon wieder länger nichts von sich hören lassen und sind doch sicher an Neuigkeiten reicher wie ich. Von Ihrem Schwager1, den ich auf seiner Durchreise nach Hamburg ein paar Minuten sprach, weiß ich, daß Sie und die lieben Ihrigen wohl sind. Dasselbe kann ich von uns rühmen. – Das 3te der neuen Quartetten ist seit 14 Tagen auch fertig und bereits 2 mal producirt. Nun werde ich mich an eine größere Arbeit machen. Ich denke nämlich das Mahlmannsche „Vater unser” für Solostimmen Chor und großes Orchester zu komponiren. Über den Plan dazu bin ich noch nicht recht mit mir einig. – Von unsern 6 Winterconcerten sind 5 bereits gewesen.2 Am 1sten Ostertage werden wir ein 7tes und in diesem auf vielfältiges Begehren noch einma[l] mein Oratorium3 und Christu[s] am Oelberge geben.
Grund ist bereits in Holla[nd und] scheint dort ziemlich gute Geschäfte zu machen. – Wie steht es mit Ries Oper? ist sie nun wieder gegeben worden? – Hier wird jetzt Auber’s Stumme von Portici studirt. Bis jetzt habe ich ihr noch wenig Geschmack abgewinnen können.
Erfreuen Sie mich nun bald mit einem Briefe. Herzliche Grüße an alle die Ihrigen von Ihrem

Louis Spohr.



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 12.01.1829. Speyers Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Noch nicht identifiziert.

[2] Vgl. „Chronik der diesjährigen Winterconcerte zu Cassel 1828-1829”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 31 (1829), Sp. 316ff. und 378ff. 

[3] Die letzten Dinge.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.03.2016).