Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Verehrtester Herr Kapellmeister!
ich bin in Stuttgardt und singe und spiele – und spiele glücklich, aber meine Freude darüber ist doch nur voll, wenn ich daran denke, daß ich nun bald wieder einmal vor Ihnen spielen und singen soll. Ich hoffe, es wird sich meinem Auftreten in Cassel nichts entgegen setzen, zumal wenn das Honorar in eine Benefiz-Vorstellung eingesammelt wird. Zur Ehre der Casselaner muß ich hoffen, daß ich mindestens Reise- und Aufenthaltskosten dadurch vergütet erhalten werde. Können mir Vortheile – Tageskosten u dergl. betreffend – dabei eingeräumt werden, so bitte ich Sie darum. Mit meinem hiesigen Gastspiele bin ich Anfangs Februar fertig. Im Monat März könnte ich jedenfalls bey Ihnen seyn. Anfangs April wird in Frankfurt die Seb. B. Passion gegeben, und da haben wir mit Hauptmann so eine Reise dahin in Companie – nach beendigtem Gastspiele projektirt. Ich habe mit der heutigen Post zugleich an H. Generaldirektor Feige in derselben Angelegenheit geschrieben, ihn auch den März dazu vorgeschlagen, sollte es aber im März schwieriger als zu einer andern Zeit zu machen seyn, so würde alle andern Pläne dem Casseler opfern. Ich denke mit dem Faust eine gute Einnahme zu machen. Sie haben mir einmal eine neue Arie in den 2ten Akt versprochen. Es wäre ein vielfacher Gewinn, wenn Sie sich geneigt hielten, dis1 auszuführen.
Ich verbleibe, wie immer, mit der Aufrichtigsten Hochschätzung u Verehrung
Ihr
ergebenster
FHauser
Autor(en): | Hauser, Franz |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Feige, Karl Hauptmann, Moritz |
Erwähnte Kompositionen: | Bach, Johann Sebastian : Matthäus-Passion |
Erwähnte Orte: | Frankfurt am Main Kassel Stuttgart |
Erwähnte Institutionen: | Cäcilienverein <Frankfurt am Main> Hoftheater <Kassel> Hoftheater <Stuttgart> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1829012543 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Hauser, 31.03.1824. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hauser an Spohr, 21.07.1842.
Das Entstehungsjahr dieses Briefs folgt aus der Erwähnung einer Frankfurter Aufführung von Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion. Dabei handelt es sich vermutlich um die Erstaufführung; für eine spätere erscheint unwahrscheinlich, dass sich Hauser und Moritz Hauptmann zu einer gemeinsamen Reise nach Frankfurt verabreden, zumal 1832 (dem einzigen Jahr, in dem derzeit eindeutig ein Gastspiel Hausers in Stuttgart belegt ist, vgl. „Stuttgart“, in: Wanderer (1832), S. 96) auch bereits eine Aufführung in Kassel stattfand (vgl. Martin Geck, Die Wiederentdeckung der Matthäuspassion im 19. Jahrhundert. Die zeitgenössischen Dokumente und ihre ideengeschichtliche Deutung (= Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts), Regensburg 1967, S. 109-116). Dass die Frankfurter Aufführung anders als von Hauser angekündigt nicht Anfang April, sondern erst am 29.05.1829 stattfand (vgl. ebd., S. 75), erscheint für die Datierung des Briefs unproblematisch, da der Cäcilien-Verein Frankfurt bereits am 05.03.1829 die Passion „in einer nächsten Aufführung“ ankündigt (Didaskalia, nicht paginiert). Ein Stuttgarter Gastspiel Hausers Ende 1828/Anfang 1829 ist derzeit nicht belegt, zwischen seinem Auftreten in der Uraufführung von Ferdinand Ries’s Die Räuberbraut am 18.10.1828 („Die Räuberbraut“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 30 (1828), Sp. 799-805 und 835ff., hier Sp. 799) und seinem Wiener Bühnendebüt am 07.03.1829 („Wien. Musikalisches Tagebuch vom Monat März“, in: ebd. 31 (1829), 279ff., 294-297 und 326-330, hier Sp. 295f.) aber zumindest möglich. Da Hauser sich am 13.01. noch in München aufhielt, wo er bereits vor seinem Debüt als „Hofopernsänger von Wien“ bezeichnet wird (Münchner Tagsblatt (1829), S. 68), erscheint ein Briefdatum Ende Januar, vielleicht auch Anfang Februar plausibel.
[1] Sic!
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.12.2022).