Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 1,98
Druck: Peter von Lindpaintner, Briefe. Gesamtausgabe (1809-1856), hrsg. v. Reiner Nägele (= Hainholz Musikwissenschaft 1), Göttingen 2001, S. 140ff.
Inhaltsangabe: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 154
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten, Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 55
Beleg 2: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 3: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 100
Mein hochverehrtester Freund!
Indem ich die Freude habe, Ihnen berichten zu können, daß meine Oper am 21 zum ersten male, u am 24ten zum zweitenmale gegeben, und jedesmal beyfällig aufgenommen wurde1, drängen sich mir einige Bemerkungen auf, die mir selbst erst bey den Proben, und selbst nach der Darstellung klar wurden, und die ich mich beeile, Ihnen mitzutheilen. Der erste Akt ist nun einmal, so wie er ist – zu lang. Auf folgende Weise wurde abgeholfen.
In der zweiten Scene, sagt Balbina „Schon seit gestern Abend wird sie vermißt“ - die Worte Graf Damartini hat mit Dienern und Fakeln den ganzen Wald durchsucht, und sie nirgends gefunden – fallen weg.
Scene 3. fast (gleich Anfangs) Hipolit: „O sagt mir, ist Isolde noch nicht gefunden? - die folgende Worte: - Schweiget immerhin, eure düstern Blike. Euer Verstummen sind beredter, als Euer Mund seyn könnte. Sie ist verloren, o Isolde – fallen weg.
Sc. 5. Isolde erzählt ihr Abenthuer auf folgende Weise: „Als gestern auf der Jagd das furchtbare Gewitter uns überraschte u ich getrennt von dem Jagdgefolge nach dem Felsen hin Schutz suchte gegen den herabströmenden Regen, zeigten mir die leuchtenden Blitze den Eingang einer Höhle, in die ich gerettet aus dem Sturme furchtlos eintrag. Doch wird ward mir, als ich hier einige Zeit weilte! Ein unennbarer Grauen erfaßte meine Seele! meine Sinne verwirrten sich- von aller Kraft verlassen, sank ich ohnmächtig dahin. Da umschwebte mich ein gräßliches Traumbild – so lebendig, so wahr, wie die Wirklichkeit. - Mir war, als füllte sich die Höhle mit gräulichen Gestalten, die aus der Erde Spalten sich zu mir drängten. Und eine nahte mir vor Allen, ich schauderte zurük. -- ein Jüngling war‘s blaß u kummervoll. Er nannte sich Bräutigam, mich Braut. Aeltere Rechte, sprach er, binden dich an mich – du bist mein! Er reichte mir die Hand, ich ihm die meine u mein Bewußtseyn schwand, bis ich im heitern Sonnenlicht erwachte. Ich eilte den fürchterlichen Aufenthalt zu verlassen, des Schlosses Thürme winkten mir freundlich herüber, und leiteten mich – zu dir! - Hipolit. Doch selbst in meinen Armen zagtest du, und bebst zurück vor dem heitern Schmuk der Blumen?! - Isolde. Ach diese Kränze. - &&&.
Sc. 7. bleibt nun ganz weg und nach der Arie der Isolde kömmt gleich Sce. 8. der Graf mit Hipolit.
2 Balbina erscheint also gar nicht wieder. Von der Rede des Grafen: „Nichts (einen Vorwand suchend) Was seh ich, Isolde! die Stunde zur Trauung naht && bleibt alles weg, bis zu den Worten des Grafen: „Ihr wißt, Graf Daramtin, daß meine Tochter in ihrer Kindheit schon && -
Die Worte des Grafen: „einen lang genährten Wunsch zu erfüllen, das herrliche Italien und Griechenlands classische Gefilde zu bereisen. - es geschah – und – fällt Hipolit schnell mit der Rede ein: „Graf Aubri starb dort? - Die Arie des Grafen, obwohl ich sie zu den bessern Musikstüken zähle, fiele weg, weil sie die Entwiklung aufhält, und mitten in die Erzählung fällt.
Die Worte des Grafen von: Die Räuber flohen von meinen Dienern verfolgt & - bis – mit ihrem Namen auf den Lippen ging er hinüber. fallen weg.
Statt dessen wird in der darauffolgenden Rede des Grafen der Satz eingeschaltet: Graf. „Die Räuber in die Flucht geschlagen von meinen Dienern, kehrten zahlreicher zurük &&
Die Worte der Isolde: Wahrlich Hipolit nie hätte ich dich geliebt, wenn Aubri lebte – fallen weg.
Sc 9. also jetzt Sc. 8 muß es heißen statt „die Kapelle geschmükt. - die Kapelle erleuchtet – statt, und das Fräulein zu empfangen, und das Räulein bräutlich zu schmüken
Somit wäre der erste Akt curirt.
Im 2ten Akte. Scene 1 fällt die Rede des Lavigne: Nur zu sehr. Ich bin der Vater der Klugheit && weg. ferner die Antwort der Lorette: Sprich mit Achtung & ferner die Worte des Lavigne Wie sie sich seiner annimmt.
Scene 2. Nach Etienne‘s Worten: „Das ist nun einmal Weibe[r]art, fällt Lavigne gleich ein: Und ich muß nun gerad[e] in den Fort, da er hieher kömmt. & Das Lied des Etienn[e] fällt also weg. Eben so in der 8ten Scene. Nach den Worten des Etienne - „schnurstraks in eine dornenvolle Wüste führt“ fällt Lorette gleich ein. (in Thränen) Guter Etienne! - Alles Uebrige bleibt[.]
Auf diese Art wurden über 20 Minuten gewonnen, und so die rechte Opernlänge herbeygeführt. Es thut mir leid, Ihre gütige Verwendung für die Anordnung dieser Abänderungen in Anspruch nehmen zu müssen; allein die Sache gewinnt, wie es sich bey der zweiten Darstellung vollkommen bewies, und so mit glaube ich, auch Ihnen nicht ganz unwillkommen entgegen gekommen zu seyn. Indem ich nochmals dringend um Schutz für mein Kindlei[n] bitte, hoffe ich auf guten Erfolg und bleibe mirt wahrer Verehrung u vollster Hochachtung Ihr ergebenster
P Lindpaint[ner]
Stuttg. am 29 Sept. 1828.
Autor(en): | Lindpaintner, Peter von |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | Lindpaintner, Peter von : Der Vampyr |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1828092944 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lindpaintner an Spohr, 26.08.1828. Spohr beantwortete diesen Brief um den 11.10.1828.
[1] Vgl. „Stuttgart, am 28sten October“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 30 (1828), Sp. 773.
[2] Hier gestrichen: „Von d“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (15.06.2020).