Autograf: Universitätsbibliothek Leipzig (D-LEu), Sign. Kurt-Taut-Slg./5/Sei-Str/S/139

Sr. Wohlgeb
Herrn Baumeister Limburger
in
Leipzig.

Nebst einem
Paquet Musi-
kalien in blau
Papier, gez:
H.B.L.


Cassel den 22sten
März 27.

Wohlgeborner,
Hochgeehrter Herr Baumeister,

Beykommend erhalten Sie die Partitur und 9 Orchesterstimmen meines Oratoriums. Die andern Stimmen werden Sie hoffentlich nun schon seit einigen Tagen in Händen haben.
Hinsichtlich meines Wunsches, die Orchesterstimmen bis zum Charfreitag wieder zurück zu erhalten, habe ich nun noch nähere Erkundigungen eingezogen und weiß, wie es allein möglich zu machen ist. Am Montag Vormittag geht die Schnellpost von Leipzig ab, die hier Mittwoch Vormittag ankommt. Mit dieser müßte das Paquet geschickt werden. Nun darf die Schnellpost aber kein Gepäck mitnehmen das,1 der Reisenden ausgenommen. Es käme allso darauf an, daß Sie die Güte hätten, durch Ihren vielvermögenden Einfluß zu bewirken, daß man für dasmal eine Ausnahme vom Postreglement machte und das Paquet der Schnellpost mitgäbe. Es würde mir und unsern beyden Gesangvereinen2 ein großer Gefallen dadurch erwiesen indem es durchaus für die Aufführung des Oratoriums keine passendern und für die, den Armen bestimmte Einnahme keinen günstigeren Tag giebt als den Charfreitag. Ich sehe nun einigen Zeilen von Ihnen über diese Angelegenheit entgegen.
Den Direktor Ihrer Aufführung bitte ich, die beyden Ouverturen und das große Rezitativ des 2ten Theils recht sorgfältig mit dem Orchester einzuüben, da diese 3 Nummern wirklich schwer sind und nur Efekt machen können, wenn sie recht gut gehen. In den Chören ohne Begleitung muß von den Stimmen, (die aber ja allein singen müssen,) das äußerste pp. erreicht werden; dieß ist eine Aufgabe, die viel schwerer ist, als man anfangs glaubt und auf der der Direktor mit großem Ernst und vieler Beharrlichkeit bestehen muß. Der Efekt ist dann aber auch groß. Die Tempi sind im Clavierauszug nach Maelzls Metronom bezeichnet; da die dortige Aufführung aber in einem Saal stattfinden wird, so können die Allegro’s wohl hin und wieder etwas schneller genommen werden, besonders der Chor „gefallen ist Babylon”.
Mit vorzüglicher Hochachtung Ew. Wohlgeb ergebener Diener
L. Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Limburger, Jacob Bernhard
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: Kassel
Leipzig
Erwähnte Institutionen: Cäcilienverein <Kassel>
Singakademie <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1827032219

Spohr



Dieser Brief folgt in dieser Korrespondenz auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Limburger. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Limburger, 03.11.1827.

[1] Dieses Komma hat Spohr offensichtlich selbst falsch gesetzt.

[2] Cäcilienverein und Singakademie.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.10.2016).