Autograf: University of St. Andrews Library (GB-SA), Sign. ms39022/2, f. 37

Sr. Wohlgeb.
Dem Herrn Hofrath
Rochlitz
in
Leipzig.
 
franco.
Nebst einem
kl. Pappkästchen
gez. H.H.R.
Werth 30 Rth
 
 
Cassel den 2ten März
27.
 
Hochverehrter Freund,
 
Ich bitte inständigst, daß Sie die beykommende Kleinigkeit1 als ein Andenken aus Freundeshand gütigst annehmen wollen und als ein Zeichen meiner Dankbarkeit, daß Sie mich veranlaßten ein Werk zu schreiben, das wenn auch in pecuniärer Hinsicht nicht sehr ergiebig, doch mir schon manche Freude gemacht hat und mir schon deswegen lieb ist, weil Sie mir mit dem Text zugleich, die zweckmäßigste Weise es in Musik zu setzen, angegeben haben. Daß ich nun in der Ausführung Ihrer Ideen nicht hinter Ihrer Erwartung zurückgeblieben bin; diese, Ihre Versicherung ist mir der schönste Lohn. Hoffentlich wird das Werk mit voller Instrumentirung Ihnen noch günstiger erscheinen, da der Clavierauszug von der Instrumentalparthie nur eine sehr dürftige Andeutung geben konnte. Es ist mir daher sehr erfreulich aus Ihrem lieben Briefe zu ersehen, daß die Singakademie und der Musikverein an der dortigen Aufführung Antheil nehmen wollen, da das Werk recht eigentlich für die möglichst kräftigste Besetzung, besonders der Chöre berechnet ist. Mit Vergnügen will ich die Partitur und sämtliche Orchesterstimmen, so viel man deren Bedarf, dazu herleihen; die Gesangstimmen kann ich aber nicht mit einsenden, da sie nicht mir, sondern den beyden hiesigen Gesangvereinen2 gehören und diese sie durchaus nicht wieder verborgen wollen. Sie hatten sie nämlich auf eine Bitte an Hrn. Guhr in Frankfurt zu seiner Aufführung am Weinachtstage3 geliehen; dieser hat sie aber so beschmuzt, defekt und zerrissen wiedergeschickt4, daß sie nun nicht wieder verliehen werden sollen. Da das Oratorium nur wenig Chöre hat, so wird es nicht viel kosten, die Gesangstimmen heraus5 schreiben zu lassen6; auch besitzen mehrere Mitglieder des Vereins wohl bereits den Clavierauszug oder schaffen sich ihn noch an, (er ist in der Peterschen Musikhandlung zu haben,) auch könne die Vereine ja die Chorstimmen auch später bey ihren Übungen noch benutzen. Ich sehe nun Ihrer gefälligen Bestimmung entgegen, wie vielfach ich das Quartett des Oratoriums mitschicken soll. Früher als 14 Tage vor dem Psalmsontag werden Partitur und Orchesterstimmen aber nicht eintreffen können, was aber auch wohl nicht nöthig seyn wird.
Mit meinem Unternehmen, der Selbstherausgabe des Clavierauszugs ist es so halb und halb geglückt. Obgleich ich aus mehr als der Hälfte der Städte, wohin ich geschrieben hatte keine Antwort oder eine ungünstige erhalt[ten] habe, so haben sich doch so viele Subscribent[en] gefunden, daß mehr als die Hälfte der Auflage dadurch abgesezt ist, mithin die Kosten und beynahe so viel als ich von Peters für den Clavierauszug erlangt hatte, gewonnen sind. Ich habe aber so viel Arbeit und Zeitverlust dabey gehabt, daß ich doch nie wieder7 ähnliches unternehmen werde.
Mit inniger Freundschaft und Verehrung stets ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Rochlitz, Friedrich
Erwähnte Personen: Guhr, Carl
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Leipzig
Erwähnte Institutionen: Cäcilienverein <Kassel>
Musikverein <Leipzig>
Peters <Leipzig>
Singakademie <Kassel>
Singakademie <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1827030206

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Rochlitz an Spohr, 26.02.1827. Rochlitz beantwortete diesen Brief am 09.04.1827.
 
[1] Noch nicht ermittelt.
 
[2] Cäcilienverein und Singakademie.
 
[3] Vgl. Minerva. Ein Beiblatt zum allgemeinen musikalischen Anzeiger 1 (1826), S. 216.
 
[4] Vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 13.01.1827.
 
[5] Hier gestrichen: „zu“.
 
[6] „zu lassen“ über der Zeile eingefügt.
 
[7] Hier ein Wort gestrichen („ein“?).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.08.2018).