Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Leipzig am 29t Dec. 1826.

Mein sehr geschätzter Freund,

Ich danke Ihnen herzlich für Ihren lieben Brief vom 16t Oct. d. J. und für das Vertrauen das Sie mir darin zeigen; leider aber entspricht das Resultat meiner Bemühungen sehr schlecht meinen Wünschen, wie Sie aus der Anlage ersehen werden. Ich übergab Ihr Schreiben sogleich Pohlenz und Schulz um bey ihren Schülern zu wirken; aber Leipzig ist nun einmal so unmusikalisch geworden daß man in dieser und mancher anderen Hinsicht fortwährend seine Grenzen davon hat.
Unser Hofmeister macht die Bedingung u in Folge dessen auch H. Klemm daß die Singstimmen besonders dabey seyn sollen, und ich möchte wohl wissen wann er dergl. zu Klavierauszügen geliefert hat.
Außer den auf dem Subskriptionsbogen gesammelten Exemplaren erbitte ich mir noch eines für mich und zwey für H. Friedr. Wieck. Daß meine Bestellungen so spät kommen hat den Grund daß Pohlenz in der Hoffnung doch noch einige Subskrib. zu finden, so lange hin gehalten hat. Ich schäme mich naehmlich Ihnen kein besseres Resultat zu liefern aber Sie können überzeugt seyn daß es an meinem Eifer für die Sache nicht liegt.
Ferd. Riess war einige Tage hier, ging dann nach Dresden, ist jetzt wieder hier um morgen Konzert zu geben1 und spielt nach einigen Tagen in Dresden vor dem Könige.2 Reissiger ist in Dresden als Hofmusikdirektor angestellt3 mit Anwartschaft auf die Kapellmstr. Stelle, da man erst sehen will wie er sich mit dem großen Morlachi, der die Hauptfigur ist, verträgt. Er hat 1000 Rth. Gehalt und das ist ein guter Anfang.
Die herzlichen Grüße von meiner Frau u mir Ihnen und den uns so lieben Ihrigen.

Ihr treuer Freund
C. Weisse.



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohrs Subskriptionsaufruf für sein Oratorium Die letzten Dinge, dessen an Weiße gerichtetes Exemplar vom 16.10.1826 derzeit verschollen ist. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Weiße, 10.11.1831.

[1] Zum Konzert am 30.12.1826 vgl. „Leipzig, vom 14. December bis zum 20. Januar“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 29 (1827), Sp. 105-111, hier Sp. 108f.

[2] Zur Ries‘ Dresdenaufenthalt vgl. „Dresden. Januar und Februar 1827“, in: ebd., Sp. 235-238, hier Sp. 237.

[3] Vgl. „Dresden, vom October bis Ende Decembers“, in: ebd., Sp. 60ff., hier Sp. 62.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.10.2021).