Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn
Herrn Louis Spohr
Fürstlich CurHessische Hof-
Kapellmeister
Wohlgeborn
zu
Cassel

nebst ein versiegelt
Packet in Wachstuch
Sig° HS, enthält
Musikalien
franco1


Herrn Kapellmeister Hr Spohr in Cassel Münster 1826 November 26

Höchst erfreulich war mir die Kunde von Dero Geneigt sein, Ihr herrliches Oratorium auf Subscription in Clavrausz. herauszugeben2; um so mehr da ich auch Verfloßenen Niederrheinischen Musikfeste zu Düsseldorf mit dessen trefflichen Bearbeitung und eben so gewißer Wirkung bekannt seither immer den Wunsch gehegt hatte, ein seit 2 Jahr in meinem Hause wöchentlich statt findenden kleinen Zirkel von wahren Verehrern klaßischer Werke im gediegenen tiefen Styl, wofür leider der große Haufe in gedachten Vereine keinen Sinn beweiset, an diesen meisterhaften Werke zu ergötzen. Noch erfreulicher ist Ihre Zusicherung dessen so mehr Mittheilung, zu spätestens Neujahr, für mich, indem ich als Stifter dieses kleinen Zirkels, jeden dessen Theilnahme beim Jahreswechsel mit einem musikalischen Andenken zu erfreuen gewohnt bin, und also für dies Jahr Gelegenheit habe, durch die würdigste Wahl dies auszuzeichnen, indem ich wenigstens jeder Familie, der daran Theilnehmenden ein Exemplar zu überreichen so glücklich sein werde, und hiemit also zugleich die Erfüllung meines halbjährigen vergeblichen Wunsches zu verbinden, die frohe Aussicht habe. –
Ich würde mich auf der den Vereinsmitglieder vorgelegten Subscrip. Liste gezeichnet haben; allein da die Zahl der verlangten Exemplare beizumerken Vorschrift ist; so möchte ich nicht durch Zeichnung von 6 Exemplare den Schein tragen wollen, als wenn ich mich vor meinen MitGenoßen öffentlich auszeichnen wollte, um so mehr da die Direction des Vereins nur auf 2 Exempl. gezeichnet hat; ich habe daher vorgezogen, mich directe an Ew Wohlgebohrn zu wenden, mit der Bitte Ihrer Unifersalliste von Subscribenten meinen Nahmen mit 6 Exemplar gefälligst einzutragen, indem ich dieser Zahl zu vorerwähnter Bestimmung bedarf und also Ihrer gütigen liberalen Zusatze zufolge ein 7tes Exemplar für mich Selbst zu erwarten habe. – Dürfte ich die Erhöhrung meines Wunsches von Ihnen hoffen, die letzte Versammlung in diesem Jahre mit diesem herrlichen Werke auszeichnen zu können, welche, da sie wochentlich auf Sonntag feststeht also gerade am NeujahresAbend finde; so würde mir dadurch ein ungemeiner froher Genuß bevorstehen, indem ich mich da, wo andere sich hier im NeuenJahr am sogenannten SylvesterAbend hereinzutanzen und zu belustigen pflegen, im Kreise dieser Auserlesenen in den himmlischen Klängen dieses Werkes für die ersten Stunden des neuen Jahres erbauen möchte; da ich demnach über Dero Bestimmung der Art der Versendung in Ungewißheit bin; so wage ich die Bitte, mich in diesem meinem Vorhaben gütigst zu unterstützen, u die nach Ihrer Aufforderung bestimmten 7 Exemplare auf meine Rechnung und Kosten pr fahrender Post so früh abzusenden, daß solche mit der SonnAbend Abends hier ankommenden Postwagen, also am VorAbend erwähnten Neujahrsabend hier eintreffen könnten. Ueberzeugt, daß Ihre bekannte herzliche Güte mir diese kleine Freude bereiten wird, bitte die weitläufige Umständlichkeit gütigst zu verziehen. Wenn ein uns günstiges Glück Euer Wohlgeboren wohl durch Münster führen wird; so werden Sie gewiß in unserem Kreiße dieser Meisterwerke die sicherste Anerkenung Ihrer Güte finden.
Doch möchte ich noch eine Bitte wagen; in beikommender neulich meiner musikalischen Bibliothek einverleibten Partitur von Mozarts BaßArie mit obligatem Cont. Bass3 finde ich für hiesiges Orchester letztere unausführbar, indem Mozart selbige für das Wiener Orchester gesetzt haben mag, worin sich vier dreisaitige ContBass befunden sollen, für welche sich das Solo wohl eignen möchte. Dürfte ich Sie mit dem Ansuchen belästigen, die Partitur mal anzusehen u Ihre Meinung mitzutheilen, für welches Instrument dies umzusetzen seyn; ich dachte mir das Violoncell oder Fagott. Aber beides sind die schwächsten Seiten unseres Orchesters, sobald es auf Solo ankömmt; dahero möchte ich Euer Wohlgeboren ersuchen, mir zu sagen, ob es sich wohl für Clarinett oder Bassethorn paßen wird, und ob die Umsetzung dafür mit Schweirigkeiten verknüpft ist, indem für diese Instrumente hier gute Solisten vorhanden derselbe Fall tritt ein bei ebenfalls beigelegter Partitur von Rossini, einem mit hinterlaßenen Andenken der Madm Cornega als Sie im Jahr 1823 bei Ihrer Durchreise bei Ihrer von Braunschweig (worüber ich einige Wochen zuvor das Vergnügen hatte, auf dero Landsitz mich mit Ihnen zu unterhalten:) auch unsere Stadt mit 2 Concerten erfreute. Diese Arie ist mit einem obligat EnglischHorn4; wenn Sie mir noch hierüber Ihre Ansicht mittheilen wollten, u beide Partituren mit den 7 Exemplaren zurücksenden wollten? Ich muß mich schämen, in meinem ersten Briefe an Euer Wohlgeboren ein so Weitläufigkeitskrämer geworden zu sein, indeßen bitte ich um Ihr gütiges Mitleid, für eine[n armen(???) M]usikanten5, und Ihren

ergebensten
Joh. [J]od. Schücking
Tuchhändler, PrinzipalMarkt No 36.

Autor(en): Schücking, Jodokus
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Cornega, Nina
Erwähnte Kompositionen: Gioachino Rossini : Il signor Bruschino
Mozart, Wolfgang Amadeus : Arien, Bass Kb Orch, KV 612
Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: Düsseldorf
Münster in Westfalen
Erwähnte Institutionen: Musikverein <Münster>
Niederrheinische Musikfeste <verschiedene Orte>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1826112647

Spohr



Spohrs Antwortbrief vom 21.12.1826 ist derzeit verschollen.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „ MÜNSTER / [???] 11“.

[2] Dies bezieht sich offensichtlich auf den derzeit verschollenen, an Georg Schmidt für den Musikverein Münster gerichteten Subskriptionsaufruf für den Klavierauszug seines Oratoriums Die letzten Dinge.

[3] Per questa bella mano KV 612.

[4] Wohl „Ah donate il caro sposo“ aus Il signor Bruschino.

[5] Textverlust durch Siegelausriss.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.08.2022).