Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Hom:4

Sr Wohlgebohrn
Dem Kurfürstlich Hessischen Herrn
Kappellmeister L. Spohr.
in
Kassel

frey


Wohlgebohrner insonders
Hochzuverehrender Herr
Kapellmeister!

Auf Euer Wohlgebohrn erfreulich an mich erlassenes Schreiben, habe ich allhier sich befindete Kunstfreunde zu einer Subskribtion Ihres Kunstwerks eingeladen, und habe nur beykommend auffinden können.
Ohne Ruhm zu melden, hier ist kein Sitz für die Muse der Harmonie. Es existirt kein Sing Verein1, ein durchreisender Künstler findet hier nicht Gelegenheit, sich hören lassen zu können, kurz für Musik herrscht hier wenig Sinn: das ersehen Euer Wohlgebohrn an der kurzen Liste von Dilletanten.
Für mich wäre sehr erfreulich gewesen, so eine rechte lange Liste Euer Wohlgebohrn überschicken zu können; es ist aber hier nicht möglich.
Mein Sohn der noch hier und fleißig im studiren ist, um seiner Zeit nach den weißen Lehren Seines menschenfreundlichen Gönners so auftretten zu können, daß er Seinem ihm so wohlwollenden Gönner Ehre mache2, empfiehlt sich Euer Wohlgebohrn mit dem größten Dankgefühle; und in Hofnung bey sich ereigneten Gelegenheiten ferner mit Aufträgen von Euer Wohlgebohrn beehrt zu werden, empfiehlt sich mit gröster Hochachtung
Euer Wohlgebohrn

dankschuldigster Dr3
G.A. Hom k.b. Konzertm.

Aschaffenburg d 5ten
November 1826.

Herr Bolongaro 1 Exemplar
Freyherr von Dalberg k.b. Kämmerer 1 Exemplar
Freyherr von Hettersdorf k.b. Kämmerer 1 Exemplar
Herr Leitebach k.b. Kreisgerichtsrath 1 Exemplar
Herr Roessler k.b. Oberappellationsgerichts Rath, 1 Exemplar
Herr Rosmann k.b. Oberappellationsgerichts Rath. 1 Exemplar
Frau Gräfinn Spauer 1 Ex.
Herr Will. k.b. Advokat 1 Exemplar



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohrs Subkriptionsaufruf für sein Oratorium Die letzten Dinge, dessen an Hom gerichtetes Exemplar derzeit verschollen ist. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hom an Spohr, 13.07.1835, der wieder auf Spohrs Subkriptionsaufruf für sein Oratorium Des Heilands letzte Stunden antwortet, dessen an Hom gerichtetes Exemplar derzeit verschollen ist.

[1] Die Casino-Gesellschaft, der spätestens seit 1824 auch G.A. Hom angehörte, gab sich 1829 neue Statuten. Ziel war es, jährliche Konzerte vor und während der Fastenzeit durchzuführen sowie bei Ankunft durchreisender Künstler. In den Jahren zuvor hatte die Gesellschaft solche Konzerte je nach Finanzlage aber auch schon durchgeführt. Ein erster weltlicher Chorverein, die Liedertafel, wurde 1841 gegründet (Staatsarchiv Würzburg (D-WÜst), Sign. Regierung von Unterfranken 1142, Bl. 133, 170).

[2] Diese Formulierung könnte ein Hinweis sein, dass Carl Theodor Hom erst kurze Zeit zuvor seine Studien bei Spohr beendete. Die im Mai 1825 durch den Vater mit der Begründung, „daß zur vollen Ausbildung seines Sohnes die Fortfahrung seines Unterrichts bey dem Kapellmeister Spohr in Kassel noch ein Jahr erforderlich sey”, als äußerst dringlich beantragte, nochmalige Verlängerung des Stipendienzuschusses gelang trotz Befürwortung durch die Verwaltung nicht, da die erste Verlängerung von Seiten der Regierung bekanntlich als letztmalig terminiert war und die zu verteilenden Zinserträge des Fonds für das Etatjahr 1825/26 stagniert hatten. Dass Carl Theodor Hom nach dem durch die Konskription bedingten Aufenthalt in seiner Vaterstadt aber dann bei Spohr im Jahr 1826 weiterstudierte, belegen weitere Verwaltungsakten des Friederizianischen Fonds: Nachdem der junge Hom beim bayerischen König, resp. beim Königlichen Kabinettssekretariat, um einen Zuschuss zwecks einer Kunstreise nach Paris nachgesucht hatte, wurde ihm am 15.07.1826 das (undatierte) Gesuch zurückgeschickt, mit der Auflage, es bei der Regierung von Unterfranken einzureichen. Deren Genehmigung vom 22.09.1826 enthält den passus „100 fl. rh. dem Karl Theodor Hohm, welcher dermal [d.h. zur Zeit] bei dem Kapellmeister Spohr in Kassel sich aufhält“. (Staatsarchiv Würzburg (D-WÜst), Sign. Stiftungsamt Aschaffenburg IV, Unterstützungen 99; Ebd., IV 5 Fried. Fondsakten; Ebd. IV 23, Protokolle 1822 §§ 47, 66, 1823 §§ 2, 6, 1824 §§ 11,40, 43, 54, 1825 §§ 13, 1826 § 26; Ebd. IV 85 Kassenwesen, pro 1825/26).

[3] Abreviatur für „Diener”.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Erich Staab (01.07.2016).