Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,102

Cassel den 24sten October
26.

Geliebter Freund,

Ida ist heute vor 8 Tagen schnell und glücklich von einem kl. Mädchen1 entbunden worden und befindet sich bis jetzt so wohl, daß sie auch nicht den kleinsten Fieberanfall gehabt hat. Das Kind bekommt die Nahrung von der Mutter und gedeiht dabey sehr gut. Meine Frau, für die ich viel besorgter war, wie für die Wöchnerin, weil sie in den letzten 14 Tagen in einer krankhaften Spannung war, keine Nacht schlief und sichtlich abzehrte, hat sich nun wieder erholt und genießt ihre neue Würde als Großmutter in geschäftiger Behaglichkeit.
Vor einigen Tagen sind Partitur und Stimmen an Guhr abgegangen, nachdem er mir die schriftliche Zusage meiner Bedingungen gemacht hatte.2 Leider war ich am Morgen der Absendung so überlaufen, daß ich vergessen habe, das Quartett für Sie beyzulegen. Es soll aber mit erster Gelegenheit abgehen. Guhr hat mir nochmals versprochen daß er alles aufbieten werde, die Aufführung des Oratoriums so glänzend wie möglich zu machen. Erinnern Sie ihn doch von Zeit zu Zeit daran.
Für die gütige Besorgung meiner Aufträge danke ich herzlichst. André hat mir geschrieben.3 Er macht dieselbe Forderung wie hier Arnold, will das Werk aber erst Ostern liefern. Haben Sie doch die Güte, ihm gelegentlich zu sagen, daß ich ihm für seine Nachricht danken ließe; da ich aber versprochen, das Werk Neujahr zu versenden, so müsse ich es hier drucken lassen.
Ich habe nun 105 Briefe in dieser Angelegenheit versendet und ein so gutes Vertrauen zu meinem Unternehmen, daß ich die Arbeit sogleich beginnen lasse.4 In Frankfurt habe ich mich an Schelble5, Döring6 und Gollmick7 gewandt. Schelble könnte viel für das Unternehmen thun; ich fürchte aber, er wird es lässig betreiben. Vielleicht könnten Sie ihn, wenn sich meine Befürchtung bestätigen sollte, durch Mitglieder des Cäcilienvereins, die Ihre Bekannten sind, z.B. Petsch(?) ein wenig antreiben lassen?
Von Robert werde ich eine Oper bekommen8 und die Komposition derselben Neujahr beginnen um sie zum Geburtstage des Kurfürsten fertig zu haben. Robert verlangt aber 500 fl. Honorar, an sich nicht zuviel, wohl aber in Verhältniß dessen was ein Komponist in Deutschland mit einer Oper gewinnen kann. Ich habe sie ihm indessen zugesagt, weil ich endlich einmal mit einem ächten Dichter zu thun haben will. Die Oper wird aber für diesesmal mit Dialogen seyn, weil wir beyde der Meinung sind daß unser Publikum für die große Oper doch noch nicht reif sey.
Mein Quintett und die Lieder werden jetzt in Leipzig bey Peters gestochen.
Leben Sie wohl. Herzliche Grüße von uns allen an die lieben Ihrigen.
Mit inniger Freundschaft stets

der Ihrige
Louis Spohr.



Dieser Brief folgt in dieser Korrespondenz auf Spohr an Speyer, 15.10.1826. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 04.12.1826.

[1] Mathilde Wolff. 

[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[3] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[4] Von diesen 105 Briefen ist bisher erst ein kleiner Teil ermittelt. Zumindest bei den Spohr persönlich bekannten Adressaten dürfte er ein paar persönliche Zeilen hinzugefügt haben.

[5] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[6] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[7] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[8] Vgl. Ludwig Robert an Spohr, 16.10.1826.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.02.2016).