Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Rinteln d 18ten May 1826.

Wohlgeborner
Hochgeehrtester Herr Capellmeister!

Schon lange wollte ich mir die Freiheit nehmen Sie mit einigen Zeilen zu beschweren, aber die Hoffnung Ihnen etwas recht vertrauliches von mir sagen zu können, hielten mich bis auf diesen Augenblick davon ab. Nachdem ich Cassel verließ besuchte ich zuerst meine lieben Eltern, ging sodann über Osnabrück nach Münster und nahm1 meinen Weg dem Rheine zu. Auch in Düsseldorf spielte ich nach vielen Glückseligkeiten und nahm von hinaus den Rückweg über Arnsberg aus mehreren kleinen Städten zu meiner Heimath wieder. Nun habe ich noch die Absicht an den Brunnen Nenndorf und Pyrmont zu spielen, sodann ist meines Bleibens nicht mehr in Rinteln, weil ich ehrenvoll mir meinen Unterhalt nicht erwerben kann.
Da nun mein Vater bis jetzt soviel für seine drey Söhne gethan, den Ältesten die Kunst des Malens lehren ließ, den Dritten (der mit dem rühmlichsten Zeugnisse die hiesige hohe Schule frequentirt, und viele Anlagen zum Studiren zeigt) nun derselbe nicht mehr im Stande ist seiner zahlreichen Familie sowie seiner zu schlechten Verdienste wegen, Etwas für ihn zu thun, so wollte ich Sie hochedlen Mann fragen, ob es wohl möglich seyn, mit der Zeit als Armes Kind nur durch2 Ihre gütige Fürsprache, ein Plätzchen im dortigen Orchester zu bekommen? Hier hätte ich doch die beste Gelegenheit mein Studium fortzusetzen, und mir könnte doch das angenehme Gefühl zu werden, um meinen jüngsten Bruder August etwas mit fortzuhelfen.
Den Dank, welchen ich gegen Sie hochverehrter Herr Capellmeister fühle, vermag ich warlich nicht durch Worte auszudrücken, nur aus dem einzigen Wunsch, den ich für Sie thue ist der: daß Sie der Himmel recht lange gesund lassen möge, damit die Welt von Ihnen göttlicher Musik noch einen mehr erfreut würde, und viele junge Menschen sich noch Ihres vortrefflichen Unterrichts zu erfreuen hätten. Meine Eltern lassen Sie herzlich größen und ich bitte ergebenst mich der guten kleinen Spohr3 sowie Ihrer ganzen lieben Familie, bestens zu empfehlen und wenn es Ihnen möglich seyn sollte, so beglücken Sie mich mit nur wenigen Zeilen.
Mit aller Ehrfurcht verharre ich als Sie hochverehrender und auf richtiger liebender Schüler

Friedrich Schmidt.



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 05.03.1828.

[1] Hier gestrichen: „dann“.

[2] „durch“ über der Zeile eingefügt.

[3] Spohrs jüngste Tochter Therese war zu diesem Zeitpunkt knapp acht Jahre alt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.09.2019).