Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,94

Sr. Wohlgeb
dem Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m


Cassel den 18ten
Aprill 26.

Geliebter Freund,

Haben Sie Dank für die eingegangenen und uns mitgetheilten Nachrichten, Heinefetters betreffend. Wir sind nun beruhigt und bitten Sie nun noch, kurz vor dem 1sten Juli Fr. v. Willemer nochmals an die Kündigung zu erinnern.
Unser ganze Haus freut sich, darauf Sie in Düsseldorf zu treffen und kann den Wunsch nicht unterdrücken, daß Ihre Frau Sie begleiten mögte. Das würde eine doppelte Freude für uns seyn, da wir Sie einige Tage zurückbegleiten können. Ein Wagen voll eifriger Kunstfreunde von hier, unter denen Fr. v. Malsburg ist, werden die Reise mit uns machen. Wir treffen den 11ten Mai, Abends in Düsseldorf ein; den 12ten und 13ten sind die großen Proben, am 14ten und 15ten die Aufführungen. Den 16ten beginnen wir die Rückreise über Cölln, dann Coblenz und Wetzlar und könnten daher, wenn Sie nicht gar zu eilig sind, bis Coblenz gemeinschaftlich reisen, was uns den Genuß sehr mehren würde. Überlegen Sie die Sache und überreden Sie Ihre Frau, sich ein mal mobil zu machen! Ist das aber vergebens, so lassen Sie sich nur durch nichts abhalten! – Unsere Wohnung wird uns wahrscheinlich in einem Privathause angewiesen werden; jedenfalls erfahre ich es erst dort bey der Ankunft und kann es Ihnen daher nicht im Voraus melden. Der beste Gasthof ist der des Hrn. Breitenbach. Es wird gut seyn, wenn Sie sich Billets zu den beyden Concerten so wie Wohnung im Gasthause voraus bestellen. Lesen Sie deshalb die Bekanntmachung des Comité in der Düsseldorfer oder Cöllnischen Zeitung.
Ich habe noch einen Versuch gemacht, die Unternehmer zu bereden, daß sie die Concerte, statt im beschränkten Raume des Theaters, lieber in der Kirche geben und sehe nun der letzten Bestimmung entgegen, das mitwirkende Personal wird ohngefähr 400 stark seyn.
Hauptmann’s Oper ist ein reiches, gediegenes Kunstwerk und hat in beyden Aufführungen nicht bloß den Beyfall der Kenner, sond[ern] auch durch Wahrheit des Ausdrucks [die Herzen(?)] empfänglicher Zuhörer zu gewinnen ge[wusst(?)].1 Leider ist sie immens schwer, schwerer als alles was ich je geschrieben habe und wird daher, wo sie nicht mit der Ausdauer wie hier einstudirt wird, zu Grunde gerichtet werden. Trotz dem, daß wir vieles verkürzt haben, so sind doch noch mehrere, sehr undramatische Längen darin, weshalb er auch von dem Versenden der Oper mehrere Nummern neu schreiben will. Mündlich erzähle ich Ihnen mehr davon. –
Leben Sie wohl. Herzliche Grüße von uns allen an die lieben Ihrigen. Ihr Freund L. Spohr.

NS. Ich mache jetzt das angefangene Quintett fertig!2

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Speyer, Wilhelm
Erwähnte Personen: Malsburg, Caroline von der
Speyer, Charlotte
Willemer, Marianne von
Erwähnte Kompositionen: Hauptmann, Moritz : Mathilde
Spohr, Louis : Quintette, Vl 1 2 Va 1 2 Vc, op. 69
Erwähnte Orte: Düsseldorf
Kassel
Koblenz
Köln
Wetzlar
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1826041802

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Speyer. Speyers nächster Brief an Spohr ist derzeit ebenfalls verschollen.

[1] Vgl. „Cassel”, in: allgemeine musikalische Zeitung 28 (1826), Sp. 505-508, hier Sp. 506; „Cassel”, in: Gesellschafter 10 (1826), S. 440; „Cassel, den 20. Februar 1826”, in: Sammler (1826), S. 136

[2] Vgl. Speyer an Spohr, 19.10.1825 und Spohr an Speyer, 23.10.1825

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.02.2016).