Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,89
Frankfurt am 9ten
Januar 26.
Abends.
Geliebter Freund,
Mit Sehnsucht habe ich Sie diesen Morgen erwartet; aber wahrscheinlich haben Sie sich durch die Kälte abhalten lassen, nach der Stadt zu kommen. – Ich nehme daher nun schriftlich von Ihnen Abschied und setze Sie auch von dem Resultat unserer Unterhandlungen mit den Dem. Heinefetter in Kentniß. Wir haben beyden Mädchen 4000 fl Rheinisch geboten, sind auch über alle Contractspunkte einig mit Ihnen geworden; haben Ihnen aber zu Unterzeichnung der, von uns bereits in aller Form ausgefertigten Contracte eine Frist von 14 Tagen zugestehen müssen weil sie, im Gefühl der Dankbarkeit gegen die hiesige Direktion, dieser das Versprechen geleistet haben, sich so lange für Anträge von hier zu enthalten. Nun fürchten wir uns zwar nicht, daß die hiesige Direktion uns überbieten werde, wohl aber daß sie alles verwenden wird, uns und Cassel bey der Familie zu verlästern und diese zu einem übereilten Schritt, vielleicht selbst ohne Wissen von Willemer’s zu verleiten. Da Sie nun vor einigen Tagen die Güte hatten, sich als Mittelsperson anzutragen, so bitte ich Sie, ein wenig über unsern Vortheil zu wachen; in einigen Tagen bey Heinefetter’s einmal anzufragen, wie die Sache stehe und im Fall wir verlästert sind, unsere Vertheidigung, der Wahrheit gemäß zu übernehmen. Die Contracte, die von unserer Seite bereits unterzeichnet und untersiegelt sind, hat der Geheimrath von Willemer in Verwahrung und wird sie uns binnen 11 Tagen entweder unterzeichnet von der Familie Heinefetter oder so, wie sie jetzt sind zu Zeichen, daß die Unterhandlungen für uns abgebrochen sind, einsenden. Da wir nun der Erwartung leben, daß der erstere Fall eintreten werde, so haben wir vor der Hand unsere weitere Reise aufgegeben und werden morgen früh 6 Uhr nach Cassel abreisen.
Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie [uns] in 6-7 Tagen durch einige Zeilen Nachri[cht geben] wollten, was Sie von dem Stande unserer [An]gelegenheit hören. Es würde mich doch sehr ärgern, wenn die hiesige Direktion den Sieg über uns davon tragen und wir ein so vielversprechendes Talent nicht gewinnen sollten! Der ältesten Heinefetter haben wir, wegen ihrer Liason mit dem Doktor Klees, den Termin zur Unterzeichnung des Contracts so weit hinaus gestellt, als sie selbst will, um von dieser Seite kein Hinderniß zu haben.
Die herzlichsten Grüße an die lieben Ihrigen. Meine Frau wird sich freuen, wenn ich so unerwartet schnell zurückkehre. Leben Sie wohl. Stets ganz der Ihrige L. Spohr.
NS. Da ich nun direkt zurückkehre, so hätte ich das Geld mitnehmen können. Da ich es indessen nicht brauche, so ist es auch gut, daß Sie es für mögliche Aufträge noch in Händen behalten. Die Abschrift des fehlenden von Joconda bitte ich z.b. bey der Ablieferung gleich zu berichtigen. Nochmals adieu! –
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Speyer, Wilhelm |
Erwähnte Personen: | Heinefetter, Eva Heinefetter, Sabine Klees, Johann Georg Willemer, Johann Jakob von |
Erwähnte Kompositionen: | Isouard, Nicolas : Joconde |
Erwähnte Orte: | Frankfurt am Main Kassel |
Erwähnte Institutionen: | Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1826010902 |
Der letzte überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 30.11.1825. Da Spohr diesen Brief bei einem Frankfurt-Aufenthalt schrieb, gab es zuvor vermutlich noch Briefe, in denen Spohr und Speyer sich über die Reisedaten austauschten. Diese Briefe sind jedoch nicht mit Sicherheit erschließbar. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 10.02.1826.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.02.2016).