Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,86
Druck: Till Gerrit Waidelich, „Die Beziehungen zwischen Carl Maria von Weber und Louis Spohr im Spiegel ihrer Korrespondenz“, in: Weberiana 24 (2014), S. 117-144, hier S. 139 (teilweise)

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m
 
franco
nebst einer Rolle Musikalien
gez. H.W.Sp.0
 
 
Cassel den 11ten
October 25.
 
Geliebter Freund,
 
Entschuldigen Sie, wenn ich Sie schon wieder mit ein paar Aufträgen plage; es würde nicht geschehen, wenn ich in Frankfurt irgend jemand wüßte, dem ich sie anvertrauen könnte.
Wir wollen Joconda geben und ich finde unsere Partitur mangelhaft; auch läßt sie sich nicht aus den Stimmen erzeugen, da von diesen manche fehlen. Ich bitte daher, sie uns durch Herrn Schmidt in Frankfurt ergänzen zu lassen. Es fehlen die Schlüsse des 1ten und 3ten Akt. Ich überschicke Ihnen beykommend die letzten Lagen der Partitur vom 1ten und 3ten Akt; was nun bis zum Schluß der Akte fehlt, wünsche ich auf Papier von demselben Format wie das bey liegende neu geschrieben. Wollen Sie doch die Güte haben, die Abschreibgebühr gefälligst zu bezahlen. – Ferner wünschen wir Partitur und Buch der Oper Das Concert am Hofe zu haben.
Madame Elmenreich hat die Übersetzung gemacht und wird daher beydes liefern können. Hätten Sie wohl die Güte es bey ihr zu bestellen und na[ch] der Ablieferung das Honorar zu entr[ich]ten? –
Der Berggeist ist vor 8 Tagen (wie man schreibt) in Leipzig zum 6ten mal mit immer gleichem Beyfall gegeben worden. C.M. von Weber0a hat ihn für Dresden und der Musikhändler Böhme0b in Hamburg ihn und Jessonda für Amerika (doch weiß ich nicht in welche Stadt) verschrieben und von Braunschweig0c ist mir angezeigt worden, daß sie das neue Hoftheater mit einer Oper von mir nächsten Ostern zu eröffnen gedenken. Sie schwanken aber noch in der Wahl zwischen Faust und dem Berggeist.
Von meinem Oratorio1 habe ich bereits einen großen Chor mit untermischten Solos vollendet.
Femy habe ich in Leipzig gesprochen. Da er g[anz] ohne alle Empfehlungen war, so machte ich ihn mit mehreren der dortigen Musikfreunde bekannt; auch schaffte ich ihm einen Bürgen, durch den er die Erlaubniß zu längerm Aufenthalte in Leipzig erhielt. Ein Engagement in der hiesigen Kapelle kann ich ihm nicht verschaffen, da selbst für den Fall einer Vakanz, schon Candidaten da sind, die nähere Ansprüche haben.
An die lieben Ihrigen die herzlichsten Grüße
 
Mit inniger Freundschaft stets
der Ihrige
Louis Spohr.
 
NS. Das Violoncell aus Würzburg ist gestern angekommen. Wir wollen nun prüfen, ob es so gut wie schön ist.2



Die Erwähnung Fémys in diesem Brief könnte ein Hinweis sein, dass zwischen diesem Brief und dem letzten überlieferten Brief dieser Korrespondenz Spohr an Speyer, 23.09.1825 ein weiterer Brief von Speyer verschollen ist, in dem dieser Spohr bittet, sich für Fémy einzusetzen. Dieser Hinweis ist jedoch nicht stark genug, um hier einen Brief von Speyer zu erschließen. Speyer beantwortete diesen Brief am 19.10.1825.
 
[0] [Ergänzung 02.05.2022:] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „CASSEL / 11 OCTO 1826“.
 
[0a] [Ergänzung 04.02.2019:] Carl Maria von Weber an Spohr, 26.09.1825.
 
[0b] [Ergänzung 04.02.2019:] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
 
[0c] [Ergänzung 04.02.2019:] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
 
[1] Die letzten Dinge.
 
[2] Nikolaus Hasemann beabsichtigte von Jean Vauchel ein Stradivari-Cello zu kaufen, das lange Zeit nicht in Kassel eintraf (vgl. Spohr an Speyer, 03.08.1825 und 04.09.1825).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.02.2016).