Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,234
Druck: Till Gerrit Waidelich, „Die Beziehungen zwischen Carl Maria von Weber und Louis Spohr im Spiegel ihrer Korrespondenz“, in: Weberiana 24 (2014), S. 117-144, hier S. 138f. (teilweise)

Sr. Wohlgeborn
Herrn Kapellmeister Louis Spohr
im Hotel de Bavière
Leipzig
 
 
Offenbach am 13 September 1825.
 
Theuerster Freund!
 
Welche Freude haben Sie mir und den meinigen durch die Mittheilung der Nachricht von der Verlobung Ihrer Ida verursacht! Gewiß wird ein Glück das uns selbst trifft, keinen angenehmeren Eindruck hervorbringen. Meine Frau u. meine Mutter waren vor Freude außer sich und bitten Sie Ihrer lieben Frau die herzlichste Theilnahme zu versichern. Es vergeht kaum eine Stunde wo sie nicht darüber schwatzen und ich, der nicht liebt Empfindung in kalte Worte zu bringen werde der Gleichgültigkeit [be]sc[huld]igt, da ich nicht mit parlire. Auch dem lieben Rothkäppchen und seinem Wolf sagen Sie alles Schöne. – Mit der größten Ungeduld erwarte ich Ihren Bericht von Leipzig, und bitte Sie recht dringend, mich ja nicht zu lange darauf warten zu lassen. Werden Sie den Berggeist nun an andern Theatern antragen? und wollen Sie daß er noch in Ffurt zur Aufführung komme? Im letzten Falle erbiete ich mich zur Besorgung. Weber, der es wahrscheinlich gewittert hat, daß Döring der Correspondent der belletrißtischen Journale ist, hat ihn mit einem Besuch beehrt, und wird hierdurch manches Zeitungslob erhalten. Döring sagte mir, Weber wünsche den Berggeist in Dresden. Weber’s Apotheon durch Guhr konnte ich nicht beiwohnen. Des letzteren, dem Weber’s Procente einleuchten hatte einige hoffnungsvolle junge Kaufleute geworben und ihm einen Theater-Triumph bereitet; Guhr hat es aber schwer zu bereuen; denn einige wohlgesinnte haben ihn, seiner geckenhaften Worte halber, seiner Windbeutelig u. Lügenhaftigkeit in der Iris furchtbar angegriffen und machen ihn nun in fast jeder Nummer den Krieg.1 Darüber ist er bettlägrig und nervenschwach geworden, geberdet sich wie wüthend u vergießt Thränen. Doch dieses alles giebt seinen Gegnern noch mehr Stoff. – Bei Breitkopf & Härtel ist mein Quartett in Arbeit welches ich so frei war, Ihnen zu dediciren. Vielleicht können Sie ein Exemplar mitnehmen. Genug für heute.
 
Ihr treuer Freund WmSp.



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Speyer, 04.09.1825. Spohr beantwortete diesen Brief am 18.09.1825.
 
[1] Vgl. „Chronik der Frankfurter Nationalbühne”, in: Iris (1825), S. 87f., hier S. 688.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.02.2016).