Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,83

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m


Cassel den 4ten Sept.
25.

Geliebter Freund,

Zuerst habe ich Ihnen und den lieben Ihrigen ein freudiges Familienereigniß (was mich indessen mit einer neuen nicht sehr gewünschsten Würde bedroht,) zu melden, nämlich die Verlobung unserer Ida mit einem braven, gescheiten und wohlhabenden jungen Mann, dem Baumeister Wolf. Wie sich das alles so gemacht hat, weiß ich am allerwenigsten. Es scheint indessen daß es sich im Gesangverein angesponnen habe. Genug, beiderseitige Eltern sind es zufrieden und die jungen Leute scheinen unendlich verliebt; so wird’s ja zu freudigem Ende führen.
Morgen reise ich mit meiner Frau und Emilie nach Leipzig. Den 14ten wird die Oper seyn und am 19ten gebe ich mit Emilie Concert. Wir sind beyde ernstlich dazu gerüstet! Seit vielen Jahren habe ich nicht so viel gegeigt als seit 3 Wochen und ich sehe, daß, wenn ich nur fleißig bin, es mir den alten Knochen doch noch geht! Das neue Concert, obgleich nicht leicht, spielt sich aber auch wie von selbst, so sorgsam ist es für das Instrument berechnet. – Meine Geige ist überdieß ganz vortrefflich! – Meine Mutter ist jetzt bey uns zum Besuch und wird während unserer Abwesenheit die Aufsicht über das Haus und die beyden zurückbleibenden Mädgen führen. Den 21ste Abends werden wir wieder zurück seyn und ich Ihnen dann von allem reportiren. Wollen Sie mich unterdeß mit einem Br. erfreuen, so adressiren Sie ihn an das Hôtel de Bavière.
Das Violoncell von Vauchel ist immer noch nicht angekommen. Hasemann hat vor Ungeduld das Fieber. Vau[chel] wird sich doch keines andern beson[nen] haben?
Daß die Schweizer engagirt sey und Albert zur Raison gekommen und nun wenn nicht immer, doch wenigstens noch 1½ Jahre bey uns bleiben wird, wissen Sie wahrscheinlich schon! Nun soll’s über meine Oper hergehen. Am Berggeist lernen die beyden Neuen schon und gleich nach meiner Zurückkunft soll er gegeben werden. Bis dahin wünschen wir Ihnen und Ihrem Hause wohl und vergnügt zu leben.
Mit herzlicher Freundschaft stets der Ihrige

Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Speyer, Wilhelm
Erwähnte Personen: Albert (Tenor)
Hasemann, Nicolaus
Roller-Schweizer, Louise
Spohr, Dorette
Spohr, Ernestine
Spohr, Therese
Vauchel, Jean
Wolff, Ida
Wolff, Johann Heinrich
Zahn, Emilie
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Berggeist
Erwähnte Orte: Kassel
Leipzig
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Stadttheater <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1825090402

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 22.08.1825. Speyer beantwortete diesen Brief am 13.09.1825.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.02.2016).