Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 158f.

Cassel den 23sten
May 25.
 
Geehrter Freund,
 
Ihre Briefe mit den Wechseln habe ich richtig erhalten und sage meinen Dank für gütige Bezahlung.
Nächsten Freitag mit der fahrenden Post schicke ich Ihnen den vollständigen Clavierauszug der neuen Oper, das neue Solo-Quartett, Herrn Hauptmanns Sonaten und die verlangten Textbücher. Diese lezten betreffend, so schreiben Sie doch ja denen, die sie verlangt haben, daß die Partituren nur bey mir zu bekommen sind. Der verdammte Partituren-Dieb in Mainz, Zulehner hat die Jessonda wieder an mehrere Orte verkauft, nach Cöln, wo sie bereits mehrere male gegeben ist, nach Paris, wo sie der Herr Castilblaze für das Odeon bearbeitet und wenn ich recht berichtet bin auch nach München.
Die Direktion des Odeon hat sich weg[en] des Berggeistes an mich selbst gewandt und mir ziemlich gute Propositionen gemacht; sie schreiben aber sehr [wenig(?)] dabey; für meine ältern Opern, die sie sämtlich in Mainz bekommen könn[ten] gälten diese Anerbiethungen aber nicht. Was sagen Sie dazu? Wir Komponisten sind doch ein wenig schlimmer daran wie die Verleger! –
Nun zum Clavierauszuge. Diesen sehe ich jezt selbst auf das genaueste durch und stehe Ihnen dafür ein, daß er 1.) sehr genau nach der Partitur ist, (was für mich die Hauptsache ist,) 2.) sehr korrekt und 3.) so leicht und spielbar wie dieß ein Clavierauszug einer reichen Komposition seyn kann. Dieß alles ist der von Jessonda auch und wer Ihnen das Gegentheil gesagt hat, hat keinen Begriff von der Schwierigkeit aus einer Partitur von mir, Weber Spontini und andern ähnlicher Komponisten einen Auszug zu machen, der leicht spielbar ist und doch die Hauptidee getreu wiedergiebt. Bei einer Rossinischen Oper kann man alles freilich viel leichter einrichten! Wie gut mein Bruder beyde Schwierigkeiten zu vereinen weiß, können Ihnen die Clavierauszüge von Euryanthe und Faust beweisen, die beyde von Claviervirtuosen gemacht sind, aber viel schwerer zu spielen sind wie der von Jessonda. Und wer hat denn den hochweisen Tadlern gesagt, daß mein Bruder nicht Clavier spiele? Virtuos ist er nicht, aber so viel spielt er um alles so bequem für die Hand einzurichten, als es eben der musikalische Gedanke erlaubt; und anderen Eigenschaften, d[ie] für solche Arbeiten noch unerläßli[ch] sind, besizt er vor vielen andern, d[ie] sich damit beschäftigen; ich erwähne[?] Harmoniekentniß und eine fast pedantische[e] Genauigkeit und Ordnungsliebe; mit einem Wort: seit Schneider von Leipzig weg ist, haben Sie dort niemand, der dergl. Arbeiten so gut machen könnte wie mein Bruder; es müßte denn ein mir ganz fremder Musiker seyn. Di[e] Meynung will ich übrigens niemand aufdrängen; auch bin ich weit entfernt, zu verlangen, daß Sie bloß aus Gefälligkeit für mich, meinem Bruder dergl. Arbeiten geben sollen. Haben Sie jemand der es Ihnen mehr zu Dank macht, so geben Sie sie ja diesem. –
Herr Bachmann aus Hannover hat nichts von mir und wird auch nichts bekommen. – Was ich sonst etwa noch zu schreiben habe, soll Freytag mit den Manuscripten erfolgen. Stets
Ihr ergebener Freund L. Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Peters an Spohr, 13.05.1825 und 14.05.1825. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Peters, 27.05.1825.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (27.02.2017).