Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,79
Druck: Eduard Speyer, Wilhelm Speyer der Liederkomponist 1790-1878. Sein Leben und Verkehr dargestellt von seinem jüngsten Sohne, München 1925, S. 86 (teilweise)


Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m
 
 
Cassel den 7ten
Mai 25.
 
Geliebter Freund,
 
Empfangen Sie meinen besten Dank für die geistvolle und wohlwollende Beurtheilung des Berggeistes in der Musik: Zeitung1, sie wird dem Ruf des Werks von großem Nutzen seyn. Nächstens wird nun auch ein Bericht von Moritz Hauptmann in der Berliner M.Z. erscheinen2, der sicher auch, wie sein Verfasser, geistreich sein wird. Ich weiß von meinem Bruder3, daß er eine eingeschickt hat.
Viel Freude hat es mir gemacht, daß die 2te und 3te Aufführung der Jessonda in Berlin gleichen Erfolg mit der ersten gehabt haben und daß die Seidler nach ihrer Wiederherstellung in meiner Oper zum ersten mal wieder aufgetreten ist. In beyden Berliner Zeitungen stehen ausführliche und günstige Beurtheilungen nach diesen spätern Aufführungen.4
Der Hofrath Küstner in Leipzig hat den Berggeist verlangt, um ihn zur Michaelis Messe wahrscheinlich Mitte September zu geben.5 Wenn ich abkommen kann werde ich dazu hinreisen; es sey denn, daß die Oper früher noch in Wien gegeben würde, was ich durch Briefe6 die erst vor 3 Wochen abgegangen sind, zu bewirken suche. Sobald ich Antwort habe, werde ich Ihnen das Nähere schreiben.
Über den Ausflug mit der Familie in der Ferienzeit bin ich noch nicht im klaren. Ich habe nemlich von dem Comitée des braunschw. Theaters eine Einladung erhalten, der ersten Aufführung der Jessonda dort beyzuwohnen. Nun meinen meine ältern Brüder7 und andre dortige Anverwandte ich sey meiner Vaterstadt sowohl wie mir diesen Besuch schuldig, umsomehr da Zemire u Azor dort durch Nachlässigkeit zugrunde gerichtet ist. – Noch bin ich unschlüssig. – Das Quintett ist liegen geblie[ben, da] mir eine andere bedeutende Arbeit [zwische]n kam. Der Graf Brühl schickte mir die neue Bearbeitung des Macbeth8, zu der ich eine Ouvertüre und alle zur Handlung gehörige Musik geschrieben habe. Gestern ist alles abgegangen9 und ich muß nun fleißig geigen, da ich am ersten Pfingsttage Concert spielen werde. Am 2ten Pfingsttage geben wir den Faust nach langer Ruhe zum ersten mal wieder. – Herzliche Grüße von uns allen an die lieben Ihrigen. Mit inniger Freundschaft
stets Ihr L. Spohr.



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 06.04.1825. Speyer beantwortete diesen Brief am 12.05.1825.
 
[1] M. [d.i. Wilhelm Speyer], „Spohrs neueste Oper: Der Berggeist”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 27 (1825), Sp. 253-260. 
 
[2] [Moritz Hauptmann], „Kassel (nicht vom gewöhnlichen Korrespondenten)”, in: Berliner allgemeine musikalische Zeitung 2 (1825), S. 154f. 
 
[3] Ferdinand Spohr war wie Moritz Hauptmann Geiger in der Kasseler Hofkapelle.
 
[4] Noch nicht ermittelt.
 
[5] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
 
[6] Noch nicht ermittelt.
 
[7] Wilhelm und August Spohr.
 
[8] Karl Moritz Brühl an Spohr, 04.04.1825.
 
[9] Spohr an Brühl, 06.05.1825.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.02.2016).

Cassel 7. Mai 1825.
 
Empfangen Sie meinen besten Dank für die geistvolle und wohlwollende Beurteilung des ,Berggeistes’ in der Leipziger Musik-Zeitung! Sie wird dem Ruf des Werks von großem Nutzen sein. Nächstens wird nun auch ein Bericht von Moritz Hauptmann in der Berliner M.Z. erscheinen, der sicher auch, wie sein Verfasser, geistreich sein wird ... Der Graf Brühl schickte mir die neue Bearbeitung des ,Macbeth’, zu der ich eine Ouvertüre und alle zur Handlung gehörige Musik geschrieben habe ...