Autograf: ehemals Archiv der Königlichen Schauspiele in Berlin, nach Horst Heussner, Die Symphonien Ludwig Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, S. 35, Anm. 3 im Zweiten Weltkrieg zerstört
Druck: Wilhelm Altmann, „Spohrs Beziehungen zur Generalintendantur der Königl. Schauspiele zu Berlin”, in: Neue Zeitschrift für Musik 100 (1904), S. 199-202, hier S. 199f.

Hochgeborener
Gnädiger Herr Graf,
 
Ew. Excellenz erhalten beikommend die Musik zu „Macbeth”, nämlich die Ouverture und sämtliche zur Handlung gebörige Musik. Gern hätte ich auch noch die Zwischenakte geschrieben; allein da ich die Dauer der Zwischenpausen aus den mir überschickten Zwischenstücken nicht erraten konnte, da ferner die Zwischenakte vom Publiko nie mit Aufmerksamkeit angehört werden, wie das z.B. leider auch mit der herrlichen Beethovenschen Musik zum „Egmont” der Fall ist, so habe ich es unterlassen und bitte nur, daß nichts gar zu Unpassendes zu Zwischenakten gewählt werde.
Hinsichtlich meiner Musik habe ich noch zu bitten, dass die Saiteninstrumente so stark wie möglich besetzt werden, dass man von den Blasinstrumenten keine weglasse, z.B. die Posaunen oder das 3. und 4. Horn, da sie alle wesentlich sind, und dass von der Ouverture, die nicht leicht ist, ein oder einige tüchtige Proben gemacht werden.
In der Musik zu den Hexen-Scenen bin ich ganz der Ansicht des Herrn Dr. Spicker gefolgt.1 Nur habe ich die Erscheinung des Königs mit fortlaufender Musik begleitet, weil es sonst zu fragmentarisch geworden wäre. In dieser sowohl wie auch in der zu den Beschwörungen der Hexen ist die Dauer der Musik für die Rede genau berechnet, doch muss nicht früher und auch nicht später als bei den in der Partitur bezeichneten Stellen begonnen werden, weil sonst Lücken entstehen würden. Der Dirigent im Orchester hat bei den Proben darauf zu sehen dass Rede und Musik so, wie es vorgeschrieben ist, zusammentreffen. Gut würde es sein, wenn der Regisseur, falls er musikalisch ist, sich einen Auszug aus der Partitur machen liesse, um bei den Proben über das Erinnerte zu wachen.
Indem ich schließlich wünsche, dass meine Musik sich des Beifalls Ew. Exzellenz zu erfreuen haben möchte, unterzeichne ich mit innigster Verehrung und Ergebenheit.
 
Ew. Exzellenz gehorsamster Diener
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Brühl, Karl Moritz von
Königliche Schauspiele
Erwähnte Personen: Spiker, Samuel Heinrich
Erwähnte Kompositionen: Beethoven, Ludwig van : Egmont
Spohr, Louis : Macbeth
Erwähnte Orte: Berlin
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1825050614

Spohr



Der letzte belegte Brief dieser Korrespondenz ist Brühl an Spohr, 04.04.1825. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Brühl an Spohr, 24.06.1825.
Altmann zufolge hat dieser Brief kein Datum, es sei aber das Begleitschreiben zur Übersendung des Notenmaterials zu Macbeth, das Brühl bereits am 10.05.1825 in Händen gehabt habe. Das Datum 06.05.1825 folgt aus Spohrs Brief an Wilhelm Speyer vom folgenden Tag: „Der Graf Brühl schickte mir die neue Bearbeitung des Macbeth, zu der ich eine Ouvertüre und alle zur Handlung gehörige Musik geschrieben habe. Gestern ist alles abgegangen.“

[1] [Ergänzung 11.07.2022:] Spohr bezieht sich offensichtlich auf Samuel Heinrich Spikers Notizen, 03.04.1825.] Vgl. Will[ilam] Shakespeare, Macbeth, übersetzt von S[amuel] H[einrich] Spiker, Berlin 1826, S. 74-83.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.11.2016).