Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Verehrter Herr Kapellmeister!

Ich bin nun mit meinen Angelegenheiten hier soweit im Reinen, daß ich nach Genehmigung meiner Bedingungenen jeden Augenblick fort, und im Falle ich so glücklich sein sollte die Zufriedenheit Ihres Hofes zu erreichen auch bleiben kann. – Für Otello hätte ich sehr gern Faust genommen, wenn mich nicht Furcht und Mangel an Selbstgefühl davon zurück hielten; in so Vieles, in deser herrlichen Musik, wage ich nicht einzudringen, ich wage nicht mit dem mittelmäßigen Versteher desselben vor den Schöpfer dieses Kunstwerkes zu treten, daher hoffe ich auf Ihre Güte, sollte ich wirklich das Vergnügen haben, unter Ihrer Leitung einige Zeit aufzutreten, so erwarte ich mir für mich den größten Nutzen, Sie werden mir Licht über manches mir bis jetzt dunkel gebliebene im weiten Gebiete der Kunst geben. Bis dahin begnüge ich mich mit leichteren Opern und zur Wahl einer dritten Rolle gebe ich Ihnen Sophie im Sargino, Königin der Nacht1, Mirha2, Gräfin oder Susanna im Figaro.
Günstiger Antwort entgegen sehend verbleibe ich

Dero
ergebene
Louise Schweizer
Hofsängerin.

München am 4ten Aprill
1825.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schweizer an Spohr, 05.03.1825. Der Postweg dieses Briefs überschnitt sich offensichtlich mit Spohrs derzeit nur als Entwurf auf Schweizers Vorbrief vom 05.03.1825 überlieferten Antwortbrief vom 07.04.1825.

[1] Rolle in Wolfgang Amadeus Mozarts Die Zauberflöte.

[2] Rolle in Peter von Winters Das Opferfest.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.03.2023).