Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sehr geehrter Freund!

Sr. Königl. Hoheit der Kurfürst ließen mich diesen Morgen rufen, und eröffneten mir: daß offizielle Nachrichten aus Berlin, bey Allerhöchstdemselben eingegangen, welche berichtet: „daß, zwischen dem Grafen Brühl und Herrn Spontini, Distanzen wegen Ihrer Oper entstanden seyen, und Gr. B. nicht zugeben wolle, daß dieselbe von Ihnen dirigirt würde.“1
Sr. Königl. Hoheit haben mir daher aufgegeben, sogleich an Sie daselbe2 zu schreiben, und Ihnen zu melden: daß, wenn Ihnen das Dirigiren Ihrer Oper, bey der ersten Aufführung – sey es aus welchem Grunde es wolle – verweigert würde, Sie sofort, ohne eine Ausführung abzuwarten, Berlin sogleich verlassen möchten; indem Allerhöchstdieselben, hierin eine Beleidigung für Sie finden wollen, und von solcher auch sich mitbetroffen glauben. Indem ich Sie ungesäumt mit dieser allerhöchsten Befehl bekannt mache, wünsche und hoffe ich, daß die eingegangene Nachricht ungegründet seyn möge, und daß Sie, im Gegentheil viel Freude an Jessonda erleben möchten.
Mit Hochachtung und Freundschaft stets

Ihr
Feige

Cassel, am 9ten Febr 1825.

P.S. Sr. Königl. Hoheit hegen überhaupt die Besorgniß, daß durch Ihre Abwesenheit, hier Etwas hinsichtlich der Festlichkeiten, versäumt werden möchten; suchen Sie es daher, auf jeden Fall, möglich zu machen, daß keine neuen Hindernisse, Ihre Zurückkunft verzögern.

Autor(en): Feige, Karl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Brühl, Karl Moritz von
Spontini, Gaspare
Wilhelm II. Hessen-Kassel, Kurfürst
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: Berlin
Kassel
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Königliche Schauspiele <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1825020943

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Feige an Spohr, 05.02.1825. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Feige, 26.02.1827.

[1] Offensichtlich war Karl Moritz von Brühl ungehalten, dass Gaspare Spontini Spohr ohne sein vorheriges Einverständnis nach Berlin eingeladen hatte, um dort seine Oper Jessonda zu dirigieren. Er bezog sich daraufhin auf eine von Spontini selbst veranlasste Kabinetsorder, dass nur Mitglieder der Generaldirektion in den Königlichen Schauspielen dirigieren durften (vgl. Wilhelm Altmann, „Spontini an der Berliner Oper. Eine archivalische Studie”, in: Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft 4 (1902/03), S. 244-292, hier S. 273; Altmann hatte noch Zugriff zu Archivalien, die vermutlich im 2. Weltkrieg verloren gingen). Am 10.02. ließ Brühl Spohr die Erlaubnis zugehen, die Berliner Erstaufführung der Jessonda selbst zu leiten.

[2] Hier gestrichen: „an Sie“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.09.2021).