Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sehr geehrter Freund!

Die deutschen Sänger sind sich alle gleich! und es kann als Regel angenommen werden, daß eine angesetzte Oper, wegen ihnen nie am bestimmten Tage zur Aufführung kömmt; dies habe ich auch bey Jessonda vermuthet; und war deshalb von Ihrer Nachricht nicht eben sehr überrascht. Hoffentlich wird die Aufführung nicht über die bestimmten 8 Tage sich verschieben, und dann wäre hier ja noch nicht viel versäumt.
Das Liederspiel: die Wiener ct ist eingerichtet und gelesen worden; alle darin beschäftigten Personen haben Freude daran, und so läßt sich erwarten, daß es auch hier gefallen wird.
Baldewein hat schon mehrere Chorproben vom Berggeist gehalten, und wird fortwährend alle freyen Tage, zum Einüben verwenden.
Cornet hat geschrieben; es bleibt bey der Verabredung und ist ihm daher die Parthie des Oskar, von Ihrem Herrn Bruder, sogleich nach Braunschweig geschickt worden.
Schimon wird gleichfalls noch von d. 20st d. Ms hier eintreffen, und an diesem Tage im Freyschütz singen.
Wild konnte ich dennoch zum Febr. nicht einladen; ich habe ihm aber den Antrag gemacht, Mitte Juli, nach Beendigung der Ferien, zum Gastspiel zu kommen. Es heißt hier, er sey vom Großherzog wieder nach Darmstadt zurück berufen worden. Ich halte deshalb dies Gerede nicht für ganz wahr, weil es von Weichselbaum herrührt, der sich dort angebothen, und da man sein Erbieten abgelehnt, Wilds Zurückkehren als Grund hiervon angiebt. Wir werden ja bald das Nähere erfahren.
Sr. Königl. Hoheit dem Kurfürsten, werde ich morgen von Ihrem längeren Ausbleiben sagen; ich glaube nicht, daß er deshalb ungnädig seyn wird.
Nach Ihren Mittheilungen bin ich überzeugt, daß die Aufführung der Jessonda, in Berlin, Ihnen viel Freude machen wird, und Sie können versichert seyn, daß ich den herzlichsten Antheil daran nehme. Hier konnte diese Oper an dem bestimmten Tage, wegen einer Umpäßlichkeit des Hn. Berthold, nicht gegeben werden, und ist bis auf heute verschoben worden.
Mittwoch, d 9ten ist Othello angesetzt, und zum Sonntag noch einmal: Jessonda; es werden mit dieser Vorstellung sich Weichselbaums Gastdarstellungen beenden.
Seydelmann, der nach seiner Krankheit wieder zwey mal aufgetreten war, ist wieder von neuem unwohl, und habe ich deshalb das heutige Repertoire ganz umändern müssen.
Gerstäcker hat wieder Blut ausgeworfen; er ist bedeutend schwach: ich hege wenig Hoffnung zu seinem Aufkommen.
Es macht mir Freude Ihnen sagen zu können, daß in Ihrem und meinem Hause Alles wohl ist.
Herzliche Grüße Ihrer verehrten Gattin von meiner Frau und mir; Ihnen die Versicherung meiner freundschaftlichen Hochachtung.

Ihr
aufrichtig ergebener
Feige

Cassel, d 5ten Febr. 1825.



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Feige, bis 03.02.1825. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Feige an Spohr, 09.02.1825.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.09.2021).