Marianne Wohlbrück an Louis Spohr in Kassel

Sr. Wohlgeboren
dem Herrn L. Spohr.
Kapellmeister des Churfürstl. Hoftheaters
in
Cassel

frey¹


Sehr geehrter Herr Kapellmeister.

Ihre mir so gütig bewiesene Theilnahme, während meines Aufenthaltes in Cassel² ermuthigt mich eine Bitte an Sie zu wagen deren Erfüllung mir sehr am Herzen liegt. Ich habe für diesen Winter um mich vor der großen Anstrenung des ewigen Italiensingens zu erholen ein Engagement hier in Düsseldorf angenommen, wozu ich die freundliche Aufnahme des Publikums, und Verwandte die ich lange nicht gesehen hatte und die hier leben, veranlaßt haben. – Nun wünschte ich, um mich auch meinerseits dem Publikum recht dankbar zu beweisen demselben einen großen Kunstgenuß zu verschaffen, und deshalb wage ich die Bitte an Sie geehrter Herr ob Sie wohl die Güte haben möchten, mir zu meiner Benefice-Vorstellung Ihre herrliche Oper Faust zu leihen. Ich weiß wohl daß es etwas viel gewgt ist, und es ist wohl auch nur mit der außerordentlichen Freude, welche mir die Gewährung dieser Bitte machen würde zu entschuldigen.
Da ich mein Benefice in der ersten Hälfte des Januars habe bitte ich Sie inständigst um eine baldige geneigte Antwort, und falls Sie die Güte hätten meine Bitte zu gewähren, mir die Oper samt Orchester- und Sing-stimmen baldmöglichst zu senden, damit sie gehörig einstudirt werden kann, was gewiß von allen Seiten mit dem größten Fleiß und Eifer geschehen wird.
Indem ich mich Ihnen geehrter Herr, und Ihrer werthen Frau Gemahlin bestens empfehle

Mit der größten Hochachtung
und Ergebenheit.
Mariane Wohlbrück

Düsseldorf den 3^t Dezbr.
1824.

P.S.
Es versteht sich von selbst da´ich die Oper gleich³ nach der Aufführung mit dem größten Dank zurücksenden würde u. daß durchaus kein Mißbrauch davon gemacht werden kann.