Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Frankfurt am 26ten Septembr. 24.

Wohlgeborner Herr,

Ihre Erkundigung, die Sie durch Herrn Speyer an mich zugehen laßen1, ist mir schon als solche sehr werth. Doch muß ich nun erst um so mehr Ihr eigentlich an mich gerichtetes Schreiben bedauern; das ich bis jetzt, trotz meines Auftrags in Folge solcher Fälle, weder erfahren noch erhalten habe. Ich wählte Frankfurt vorzugsweise; die Bedingungen waren annehmlich. Doch in der Art u Weise, in den Verhältnißen habe ich nicht das Erwünschte gefunden. Ich würde gar keine Wahl gehabt haben, wenn ich auch nur die Stunde vor meiner Abreise Ihre werthe Aufmerksamkeit auf einen Fall der Art abnehmen konnte. Unterschrieben habe ich noch nicht – allein schon ein 14tägiger Aufenthalt mit meinen Freunden im Gasthof macht mir nun fast das Unterzeichnen dringend. Es ist zwar mit mir hier gegen alle briefliche Verabredung verfahren worden; ich kann nicht öffentlich auf der Bühne erscheinen; warum? weiß ich nicht; meine Brauchbarkeit ist nur privatim durch Herrn Guhr und die Direktoren – bestätigt; ich soll also wahrscheinlich vor meinem Auftritt unterzeichnen. Daher meine Zögerung. Wie ich nun jetzt, durch Ihre werthe Erkundigung veranlaßt, handeln soll, um nicht das Gewiße in das Ungewiße umzutauschen, weiß ich wahrlich nicht. Wären meine Verhältniße von der Art, daß ich nicht allein die Reise nach Cassel, sondern auch eine folgende (im Fall einer Täuschung) aus meinen Mitteln ermöglichen könnte, so würde ich schon aus Achtung für Ihr Verdienst, und die schöne Sicherheit eines fürstlichen Theaters – ohne Weiteres einen zweiten Entschluß faßen und ausführen. Allein Ungewißheit steht der Ungewißheit gegen über. Sie können eben so wenig von meiner Fähigkeit als ich von einer sicheren Anstellung überzeugt seyn. Hiezu kommt noch meine große Unbekanntschaft in solchen Verhältnißen und Lagen. So gern als ich auch meiner Neigung mehr Raum geben möchte, so kann ich doch (wie gewagt es auch sey) für den Augenblick nicht anders verfahren – als auf eine vorhergegangene Reisesicherung u. auf eine genügende Anstellung, sey es nun hauptsächlich in der Oper oder der recitirenden Bühne, ausdrücklich hindeuten, da ich dann hier 10 Carolin (Reisekosten) und die gesicherte Gage von dem Tage meines Eintreffens in Frankfurt berechnet – gänzlich aufgeben muß – u. ich hier u. blos dastehe auch erwarte daher, im Fall Sie sich mit solchen Vorherbestimmungen befaßen können – Ihre werthe Benachrichtigung nebst den nähern Bedingungen

Ihr
ergebenster Schöne
Privatgelehrter.

Autor(en): Schöne (Sänger aus Leipzig)
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Guhr, Carl
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Stadttheater <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1824092645

Spohr



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schöne, 04.09.1824, der Schöne diesem Brief zufolge jedoch nicht erreichte. Spohrs Antwortbrief vom 28.09.1824 ist derzeit ebenfalls verschollen.

[1] Vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 20.09.1824.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.08.2022).