Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Hom:1

Wohlgebohrner
Hochzuverehrender Herr Kapellmeister!

Die Verzögerung meines Danksagungsschreibens werden Sie mir gerne verzeihen, wenn ich Ihnen meine bisherige Unpäßlichkeit zur Entschuldigung ausführe. Ich kann Ihnen mit Worten nicht ausdrücken, welche Freude mir Ihre menschenfreundliche Auf- und Annahme meines Sohnes zu Ihrem Schüler gemachte habe. Gerade einen so liebevollen, uneigennützigen und edeldenkenden Mann1 mußte mein Sohn finden, um sein Kunsttalent, das ihm der Himmel schenkte bei dem größten aller deutschen Meister auszubilden und zur Vollendung zu bringen. Warum bin ich aber so unglücklich solches Opfer nicht nach Verdienst belohnen zu können? Der gute Gott sorgt doch immer für den Dürftigen, und läßt ihn so viele gute Menschen finden, die zu seiner und seiner Kinder weiterem Fortkommen erforderlich sind. Um die näheren Hilfsmittel zu meines Sohnes Unterstützung Eurer Wohlgebohren bekannt zu machen, muß ich die Ehre haben, Ihnen anzuzeigen, daß er von der K.B. Regierung auf das gute Zeugnis seines Meisters ein jährliches Stipendium von 150 fl. aus der fonds Kasse dahier erhält2, welches er im vorigen Jahre schon auf das Attestat seines Lehrers H Konzertmeister Dittmaier3 in Würzburg gezogen hat. Da aber dieses zu seiner Sustentation nicht hinreicht, so habe ich mich deshalb bittlich an unsern König gewendet, der ja viele angehende Künstler zu unterstützen pflegt.4 Nun sehe ich mit peinlicher Sehnsucht sowohl der Gnädigsten Erhörung dieser meiner Bitte, als der Gütigen Bestimmung von Euer Wohlgebohren entgegen, ob und wann ich Ihnen meinen Sohn Karl Theodor schicken solle5, um in ihm das grose Werk zu vollenden, was andere gute Menschen in ihm begonnen haben. Nur lediglich durch Ihre vortreffliche Kunstlehre kann er zum Meister gebildet werden. Sie werden ihn glücklich, und Euer Wohlgebohrn ewig verbindlich machen, so wie ich es bin und stets bleiben werde

Euer Wohlgebohrn
unterthäniger Diener
Georg Albert Hom k.b.
Konzertmeister

Aschaffenburg d 25sten
August 1824.

Autor(en): Hom, Georg Albert
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Dittmaier, Anton
Hom, Carl Theodor
Maximilian I Bayern, König
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Aschaffenburg
Kassel
Würzburg
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1824082540

Spohr



Dieser Brief ist vermutlich die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr. Spohrs wahrscheinlicher Antwortbrief ist derzeit ebenfalls verschollen.

[1] Karl Theodor Hom erhielt nach eigenen Angaben unentgeltlich Unterricht: „Durch besondere Empfehlung nahm mich zwar der große Künstler Kappelmeister Spohr in Heßen Kassel unentgeltlich zum Unterrichte auf […]“ (Eigenhändiges Gesuch C.Th. Homs, o.O., o.Dt. [eingegangen beim kgl. Kabinets Sekretariat Aschaffenburg am 15.09.1826], in: Staatsarchiv Würzburg (D-WÜst), Stiftungsamt Aschaffenburg IV, Unterstützungen 99).

[2] Georg Albert Hom hatte bereits im Dezember 1822 beim Friederizianischen Fond, von der königlich bayerischen Regierung des Untermainkreises in Aschaffenburg um ein Ausbildungsstipendium für den Sohn ersucht, dessen Begabung die Aschaffenburger Hofmusiker bescheinigt hatten. Da die Finanzmittel des Fonds bereits erschöpft waren, war der Antrag im Frühjahr 1823 erneut zu stellen. Dafür hatte der Sohn auch ein Zeugnis von Musikdirektor Fröhlich aus Würzburg zu beschaffen. Eine erste Stipendienrate von 75 fl. wurde Anfang Juni 1823 bewilligt und nach Unterrichtszusage durch Anton Dittmaier in Anspruch genommen, wohl im September oder Oktober 1823. Die zweite Rate über 75 fl. erhielt Hom im Februar 1824 unter Vorlage eines Zeugnisses Dittmaiers. Im Juni 1824 wurde auf Antrag die Fortsetzung des Stipendiums durch Vorlage eines weiteren Zeugnisses von Prof. Fröhlich mit wiederum 150 fl. bewilligt, für deren zweite Rate der Vater im März 1825 bereits ein Zeugnis Spohrs vorzeigen konnte. (Staatsarchiv Würzburg (D-WÜst), Stiftungsamt Aschaffenburg IV, Unterstützungen 99).

[3] Eine Besprechung von Homs Soloauftritt in Würzburg im Juni 1824 mit einem Violinkonzert Spohrs belegt auch Homs Studium bei Dittmaier seit Winter 1823, die Mitgliedschaft im dortigen Theaterorchester und weitere Soloauftritte in der Harmonie-Gesellschaft (vgl. „Kunstnachrichten. Würzburg, 18.06.1824”, in: Didaskalia 26.08.1824, nicht paginiert).

[4] Ein solches Bittschreiben an Maximilian I. ist bislang nicht auffindbar.

[5] Der Unterricht bei Spohr wird baldmöglichst, also im September 1824 begonnen haben. Spohr an Wilhelm Speyer, 28.09.1824 setzt bereits Carl Theodor Homs Anwesenheit in Kassel voraus.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Erich Staab (21.06.2016).