Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 137ff.
Druck: Axel Beer, Musik zwischen Komponist, Verlag und Publikum. Die Rahmenbedingungen des Musikschaffens in Deutschland im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Tutzing 2000, S. 174 und 387, Anm. 11 (teilweise)

Cassel den 29sten
Juni 24.

Geliebter Freund,

Ihren lieben Brief nebst den 200 Rth. erhielt ich an dem Tage, wo ich eine Ferienreise zu einem Freunde in Offenbach anzutreten willens war und mußte seine Beantwortung daher bis nach meiner Rückkehr verschieben. Diese ist nun, nachdem ich 14 Tage dort sehr vergnügt verlebt habe, vor einigen Tagen erfolgt und nachdem ich meine in's Stocken gerathene Theatercorrespondenz wieder in Gang gebracht habe, beeile ich mich Ihren Brief zu beantworten. – Zuerst meinen besten Dank für das Überschickte. Ein Verleger, der mehr bezahlt, als man verlangt, gehört wirklich unter die seltenen Sachen und von einem solchen nimmt man dann auch wohl gern einen dicken Brief voll Ermahnungen und guter Lehren mit in den Kauf, auf die f[üg?]lich auch nichts zu erwiedern wäre, als daß ein Verleger ein Kunstwerk mit andern Augen betrachtet als der Künstle[r,] der, ist er ein ächter, bey'm Schaffen wed[er] an eigenen, noch an fremden Vortheil d[enkt,] sondern nur immer das Werk selbst vor Augen hat. – Der Rübezahl1 wird übrigens mehr abgesonderte Nummern bekommen wie Jessonda. –
In der Voraussetzung daß Sie meine voräthigen Manuscripte sämtlich verlegen wollen, habe ich einen Sturm von Andrè der auf mehrere, die ich mit in Offenbach hatte, Jagd machen wollte, tapfer zurückgeschlagen und stelle sie nun zu Ihrer Disposition. Es sind folgende
1.) Doppelquartett.
2,) Potpourri über Themen aus Jessonda für Violine mit Orchesterbegleitung.
3.) Potpourri üb. Themen aus Jessonde, concertant für Violine und Violoncell mit Orchesterbegleitung.
4.) Soloquartett für Violine.
5.) 3 Duetten für 2 Violinen.
Dazu kommt noch 6.) Ouverture aus Jessonda.
Für sämtliche 6 Werke votire ich als Honorar 760 Rth. Ich bin Ihnen noch 160 Rth. schuldig; ich behalte allso gut 600 Rth., mit deren Bezahlung es übrigens natürlich Zeit hat, bis Sie sämtliche Sachen erhalten haben. Sie haben nur zu bestimmen, in welcher Folge die Sachen erscheinen sollen; doch mache ich Síe darauf aufmerksam, daß die Potpourri's jetzt, wo Jessonda noch neu ist, das meiste Interesse haben werden. Vor der Hand schicke ich Ihnen das Doppelquartett, dessen Bearbeitung für Piano (worüber Sie sich gefälligst mit meinem Bruder benehmen wollen) und das Potpourri für Violine. Die andern Sachen können Sie auch erhalten, so bald Sie wollen. – Behufs der Correktur lege ich von dem Potpourri die Partitur bey. Vom Doppelquartett habe ich sie einem Freund geschenkt; sollten Sie sie aber zur Correktur haben wollen, so kann ich sie bekommen.
Daß Sie die Baldeweinschen Lieder verlegen, freut mich recht sehr; sie sind nun ja wohl bald fertig?
Herzliche Grüße von meiner Frau. Mit unverminderter Freundschaft stets

der Ihrige
L. Spohr.

NS. So eben sehe ich im Postbericht, daß das Paquet erst Freytag abgeht. Der Brief wird allso noch
3 Tage liegen bleiben müssen.

NS. Ich bin verlegen, was ich dem Doppelquartett für einen Titel geben soll: vor der Hand weiß ich nur folgenden deutschen:

Doppel.Quartett. für 4 Violinen 2 Violen und 2 Violoncell.

Haben Sie die Güte sich mit einem2 Sprach- und Musikverständigen zu berathen wie man diesen Titel französisch geben könnte, fals Sie einen solchen wünschen. – Vom Potpourri wird er folgend seyn:

Pot-pourri
sur des thêmes d l'opera Jessonda
pour le Violon principal,
avec accompagnement de l'orchestre
composé par L. Spohr.

Vom Quintett.

Quintett für Pianoforte, 2 Violinen, Viola
und Violoncell, nach dem Doppelquartett
von L. Spohr, arrangirt von Ferd. Spohr.

Wenn Sie erst einen französischen Namen für das Doppelquartett gefunden haben, so läßt sich der Titel des Quintetts auch noch französieren.
Die Nummern der Werke zu bestimmen, überlasse ich Ihnen, da ich nicht weiß in welcher Folge sie erscheinen werden. Um eine recht sorgfältige correktur bitte ich schließlich

der Ihrige
L. Spohr.3



Dieser Brief ist die Antwort auf Peters an Spohr, 04.06.1824. Peters beantwortete diesen Brief am 05.07.1824.

[1] Der Berggeist.

[2] Hier gestrichen: „Schrift- und“.

[3] Auf dieser letzten Seite des Briefes befinden sich von anderer Hand noch Empfangs- und Antwortvermerk des Verlags: „1824 / 29 Juny / 4 July / 5 / Cassel / Spohr“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (22.12.2016).