Autograf: Bis etwa 1943 im Besitz von Werner Wittch, danach Kriegsverlust (vgl. Druck, S. 14)
Druck: Louis Spohr, Briefwechsel mit seiner Frau Dorette, hrsg. v. Folker Göthel, Kassel und Basel 1957, S. 63ff.

Offenbach, den 18. Juni 24

Herzlich geliebtes Weibchen,

Dein Brief, den ich gestern mittag erhielt, hat mir unendliche Freude gemacht. Nun ist die längste Zeit der Trennung überstanden, den nächsten Montag mittag setze ich mich wieder zu Frankfurt auf die Post und Mittwoch abends 6-7 Uhr bin ich wieder bei Dir. So vergnügt mein hiesiger Aufenthalt bis jetzt auch war und so viel Interessantes ich bis jetzt auch hörte, so sehne ich mich doch nun wieder sehr zu Euch und in meine gewohnten Geschäfte zurück. – Vorgestern hörten wir den Samson von Händel im Cäcilienverein, gestern abend die Euryanthe, in der die Devrient von Dresden die Hauptrolle unvergleichlich schön sang und spielte. Die Oper hat sehr schöne Einzelnheiten und steht auf jeden Fall viel höher wie der Freischütz; sie ist aber ungeheuer schwer und ich werde meine Plage haben, um sie bis zum 28.1 in Gang zu bringen. – Heute abend und Sonntag früh machen wir bei Speyer Musik, Mittwoch den 23. abends 6 Uhr umarmt Dich

Dein Louis.

NS. Speyers, die soeben von mir erfahren, daß ich Montag reisen will, bitten mich sehr erst Mittwoch zu reisen, weil sie noch eine Partie vorhaben. Sie wollten selbst an Dich schreiben, um Dich über meine verspätete Ankunft zu trösten. Die Post geht aber sogleich ab und so übernehme ich es, Dir dieses unangenehme Postskriptum noch zu schreiben. Also Freitag abend 6 Uhr!



Dieser Brief ist die Antwort auf Dorette Spohr an Louis Spohr, 15.06.1824. Der nächste überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Louis Spohr an Dorette Spohr, 05.01.1825.

[1] Geburtstag des Kurfürsten, zu dessen Ehren jeweils eine Festoper gegeben wurde.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (29.06.2016).