Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. 1.6 <Gerstäcker 18240604>
Druck 1: [Fritz Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Ausgabe, Prag 1900, S. 369 (teilweise)
Druck 2: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 99 (teilweise)

Sr. Wohlgeb.
Dem Herrn Hofsänger
Fr. Gerstäcker
 
 
Cassel am 4ten Juni
24.
 
Geehrter Freund,
 
Schon vor länger als 8 Tagen sagte mir der Hr. G.D.1 Feige, daß er Ihnen Ihr Gesuch um Verlängerung des Urlaubs habe abschlagen müssen und daß er Ihnen die Gründe entwickelt habe. Wenn Sie nun selbst einen Blick in den Calender werfen wollen, so werden Sie sehen, daß wir vom 5ten Juli, wo die Proben von Euryanthe für die Sänger beginnen sollen, bis zur Aufführung grade nur 3 Wochen haben und dann selbst entscheiden, ob es möglich sey, in weniger Zeit eine so große und so schwere Oper einzustudiren. Daß ich es für möglich halte, geschieht nur in der Voraussetzung, daß die Sänger sämtlich ihre Parthien im Voraus studiren werden und daß von den möglichen Proben keine durch Krankheit gestört werden wird. Überdies fangen die Vorstellungen schon wieder den 14ten an und nicht den 18ten, wie Hauser irrig geglaubt hat. Endlich muß Ihnen wie mir, unserer freundschaftlichen Verhältnisse mit Weber wegen, daran liegen, daß Euryanthe recht gut gehe und gefalle, und wir haben beyde die Verpflichtung das Unsrige dazu zu thun. Aus allen diesen Gründen ist es mir unmöglich gewesen den G.D. zur Bewilligung Ihres Gesuchs zu bereden, was Sie, wenn Sie das Vorstehende beherzigen, selbst billigen werden.
Für Ihre Nachrichten über die Leipziger Aufführung der Jessonda sage ich meinen herzlichen Dank. Ich freue mich sehr, daß die Leipziger die Parthie des Nadori von Ihnen gehört haben, noch ehe die Oper durch den Abgang der Sessi in’s Wanken gekommen ist. - Daß M. Sessi gerne hier Engagement genommen hätte, wußte ich wohl; der G.D. wollte aber nichts von ihr wissen und ich war daher genöthigt ihr die gewünschten Gastrollen abzuschlagen. Wie das geschah, war die Schopf noch nicht einmal hier, und ich konnte ihr daher von deren Engagement nichts schreiben.
Indem ich von Herzen wünsche, daß Sie [woh]l und vergnügt zu zu uns zurückkehren mögen und unter Empfehlungen an Ihre Fr. Gemahlin mit wahrer Freundschaft
 
der Ihrige
L. Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Gerstäcker, Friedrich (Vater)
Erwähnte Personen: Feige, Karl
Hauser, Franz
Neumann-Sessi, Anna Maria
Schopf, Amalie
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Jessonda
Weber, Carl Maria von : Euryanthe
Erwähnte Orte: Leipzig
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Stadttheater <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1824060413

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Gerstäcker an Spohr, 31.05.1824.
 
[1] Abkürzung für Generaldirektor.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.12.2016).