Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Frankfurt am Main,
den 12ten April
1824.

Theuerster Freund!

Sie erhalten hiermit den 2ten und letzten Akt der Oper und haben nun das ganze Stück in Händen. den 1sten Akt schickte ich schon heute vor 8 Tagen an Sie ab und erwartete schon die ganze Zeit über deshalb einiger Zeilen von Ihnen, jedoch vergeblich. Nun liegen alle drei Akte vor Ihren Augen und ich hoffe, daß Sie mit meinen Andeutungen, mit der jetzigen Anordnung des Finales, mit der nun bedeutender gewordenen Handlung zufrieden seyn werden. Schreiben Sie mir doch darüber umgehend; indem mir überhaupt hier noch wenig Zeit übrig bleibt, Ihren etwaigen Nachbemerkungen zu entsprechen, da ich schon in der nächsten Woche, Mittwochs den 21t oder Donnerstag den 22sten Frankfurt verlaße. Sie würden mich deshalb auch verbinden, wenn Sie mir das Honorar von 20 Dukaten baldmöglichst übermachen wollten. Ich gehe nach Nürnberg, um daselbst die Redaktion des Correspondenten von und für Deutschland zu übernehmen.1 Mit Ihnen immer in der freundlichsten Relation zu bleiben, wird mir sehr angenehm seyn.
Ihre Jessonda hat bei der ersten Aufführung viele Theilnahme gefunden.2 Sie auch wirklich ein großes und tiefes Werk geliefert, an dem ich mit lezter Hand nur einige Seiten berühren möchte, die dem Freunde, wenn er auch irrt, wohl zur traulichen Mahnung bereichtigt sein dürfte; nämlich dem Mangel an bedeutenden, vorbereitenden und beruhigenden Pausen und den allzugroßen Verbrauch des Chromatischen in den Mittelstimmen. Wenn ich die dramatische Wahrheit Ihrer Arbeit, die große Phantasie und die Alles übertreffende Kunst mit Liebe und Ehrfurcht bewundere, vielleicht wie das Wenige thun und vermögen, dann darf ich mich auch wohl über einige gemischte Empfindungen von Herzen aussprechen. Ich rechne darauf, daß Sie ebenso über meine Arbeit sprechen werden.
Indem ich nun Ihre Urtheil recht brav herbeisehne bleibe ich

Ihr treuster Freund
Georg Döring.

NB. Ich ersuche Sie, die Einlage an Hn. Cattus abgeben zu lassen. D.

Autor(en): Döring, Georg
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Berggeist
Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Nürnberg
Erwähnte Institutionen: Stadttheater <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1824041247

Spohr



Dieser Brief folgt auf Döring an Spohr, 06.04.1824. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Döring an Spohr, 05.12.1824.

[1] Vgl. „Neue deutsche Zeitschriften“, in: Allgemeines Repertorium der neuesten in- und ausländischen Literatur (1824), S. 397-400, hier S. 399.

[2] Vgl. „Frankfurter Volksbühne“, in: Didaskalia 11.04,1824, nicht paginiert, und 16.06.1824, nicht paginiert.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (10.05.2023).